Verleihung der Ehrenmitgliedschaft der Akademie der bildenden Künste Wien an Maria Lassnig und Friederike Mayröcker
Begrüßung: Stephan Schmidt-Wulffen, Rektor
Laudatio Maria Lassnig: Barbara Engelbach, Kuratorin Sammlung zeitgenössische Kunst, Museum Ludwig Köln
Laudatio Friederike Mayröcker: Elisabeth von Samsonow, Professorin für philosophische und historische Anthropologieder Kunst und stv. Senatsvorsitzende
Lesung: Friederike Mayröcker
Musik: Amber Vienna String Quartet
Die Liste der Ehrenmitglieder der Akademie der bildenden Künste Wien spiegelt die Geschichte dieser Institution auf beeindruckende Weise wider. Die Akademie wählte in einer über dreihundertjährigen Geschichte die zu Ehrenden aus den unterschiedlichsten Bereichen des öffentlichen Lebens und der Künste: gekrönte Häupter - wie Zar Nikolaus I. - und hohe politische Würdenträger, Sammlungs- und Bibliotheksdirektoren, Rektoren der europäischen Akademien, Künstler und Architekten - darunter Jaques Louis David, Arnold Böcklin, Gustav Klimt, Theophil Hansen, Henry Moore, Louise Bourgeois als bisher einzige Künstlerin -, Schriftsteller und Philosophen - darunter Johann Wolfgang von Goethe, Arthur Schnitzler, Anton Wildgans, Elias Canetti, Ernst Gombrich - , aber auch Musiker, Kunstkenner, Stifter und Wohltäter. Die Akademie deklarierte sich selbst durch die Verleihung dieser Ehrung der Gemeinschaft als der künstlerischen und wissenschaftlichen Avantgarde einer Zeit zugehörig und betrieb darüber hinaus eine Politik der Gewinnung mächtiger Gönner.
Seit 2000 wurden keine Ehrenmitgliedschaften am Haus mehr vergeben - im Jahr 2010 nun hat das Rektorat und der Senat in Fortführung der Idee einer über die Institution hinausreichenden Gemeinschaft beschlossen, seine achtbare Tradition wieder aufleben zu lassen und verleiht die Ehrenmitgliedschaft der Akademie der bildenden Künste Wien an Maria Lassnig und Friederike Mayröcker. Die beiden großen Künstlerinnen stehen nicht nur für eine Erneuerung und einzigartige Leistung in ihrer jeweiligen Kunst - der Malerei/bildenden Kunst und der Literatur - sondern für eine von ihnen mit Nachdruck "erfundene" und vertretene Rolle von Künstlerinnen im 20. und beginnenden 21.Jahrhundert.
Mit der Verleihung der Ehrenmitgliedschaft an Maria Lassnig und Friederike Mayröcker würdigt die Akademie der bildenden Künste Wien deren große Verdienste und ihre Bedeutung für die zeitgenössische Kunst. Diese Ehrung will aber auch demonstrieren, wie dringlich an der Zeit die Anerkennung des Werkes von Künstlerinnen vor dem Hintergrund der bisherigen Ehrungen ist. In der Doppelehrung einer bildenden Künstlerin und einer Literatin, die beide eine Spitzenposition im künstlerischen Leben der Gegenwart einnehmen, drückt die Akademie der bildenden Künste Wien zudem ein Verständnis der Vielgestaltigkeit zeitgenössischer Kunst aus, das nicht nur durch epistemologische Imperative der Transdisziplinarität, sondern durch die große Geschichte des Hauses vorgebildet ist.
(Elisabeth von Samsonow)
Maria Lassnig (*1919) zählt zu den bedeutendsten und innovativsten Malerinnen der Gegenwartskunst. Nach surrealistischen Anfängen kommt ihr eine wichtige Rolle bei der Entstehung des Informel Anfang der 50er Jahre in Österreich zu. Bedeutend sind auch ihre Animationsfilme sowie ihr grafisches Werk. Zentrales Thema sind Körperbewusstsein und Körpererfahrung, ihre body awareness-Bilder sind Selbstdarstellungen in denen sie die Innensicht ihres Körpers phänomenologisch zu verbildlichen versucht. 1980 nahm sie an der Biennale in Venedig teil. 1982 und 1997 wurden ihre Arbeiten bei der Documenta in Kassel gezeigt. 2004 erhielt sie u.a. für ihren "außergewöhnlichen Beitrag zur zeitgenössischen Malerei" den Max-Beckmann-Preis der Stadt Frankfurt und 2005 das Österreichische Ehrenzeichen für Wissenschaft uns Kunst.
Friederike Mayröcker (*1924) ist eine der bedeutendsten zeitgenössischen Dichterinnen. Ihr umfangreiches Werk, das sie seit 1946 veröffentlicht, umfasst Lyrik, Prosa, Essays, Kinderbücher, Theater- und Hörstücke, Drehbücher und Zeichnungen. Erfolg hatte sie auch mit Hörspielen. Vier davon verfasste sie gemeinsam mit Ernst Jandl, mit dem sie bis zu dessen Tod im Jahr 2000 zusammenlebte. Zahlreiche Auszeichnungen und Preise würdigen ihr Lebenswerk, darunter der Georg Büchner-Preis 2001. 2005 erhielt sie den Ehrenring der Stadt Wien. Werke u.a.: Notizen auf einem Kamel (1996), das zu Sehende, das zu Hörende (1997), brütt oder Die seufzenden Gärten (1998). Sie lebt und arbeitet heute in Wien.