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Kryptokristallin: Geologische Belebungen und Datenkapitalismus

Projektleitung:
Caitlin Berrigan (IKW)

Projektdauer:
4 Jahre

Gefördert von:
FWF | Elise Richter PEEK (V01007)

FWF | Elise Richter PEEK-Fellow
Caitlin Berrigan, Institut für Kunst und Kulturwissenschaften
Projektlaufzeit: 1.3.2023 – 28.2.2027

Durch die Arbeit innerhalb technowissenschaftlicher Infrastrukturen eröffnet Cryptocrystalline Raum für eine Ökologie der Beziehungen, die sich über verschiedene Medienformen hinweg entwickelt. Mittels Geschichten, die in verbalen und somatischen Sprachen erzählt werden, zielt diese künstlerische Forschung darauf ab, Formen für die Spuren unseres tierischen und mineralischen Selbst zu finden. Das Projekt entwickelt neue Methoden, um sich mit der Materialität des Raums zu verbinden und sowohl die metaphysischen als auch die politischen Beziehungen zwischen den Menschen und dem Geologischen zu evozieren.

Im Rahmen dieses Projekts steht die Langzeit-Beobachtung des Unterirdischen, der affektiven Geologie und einer bislang unbeachteten Geografie im Zentrum sich wandelnder Macht- und Technogovernance-Strategien im Mittelpunkt. Cryptocrystalline arbeitet mit interdisziplinären und kollaborativen Methoden, die sich sowohl aus wissenschaftlicher Forschung als auch aus künstlerischer Feldforschung zusammensetzen. Der Forschungsprozess, die anschließende Produktion einer Essaysammlung als Buch, sowie die Produktion von Video- und installativen Arbeiten wird von drei primären Methoden geleitet: queere Phänomenologien des Filmemachens, autotheoretisches Schreiben und das Umnutzen wissenschaftlicher Instrumente im Rahmen von geologischen Erkundungen als Modus der Unterwanderung und Umkehrung von Macht.

Seltene Erden dienen als elektronische Schnittstelle zwischen unseren intimsten Berührungen, Kommunikation, Datenverarbeitung und Regierungsführung. Gleichzeitig ging das Aufkommen von medien- und datengesteuerten Gesellschaften im letzten halben Jahrhundert mit dem Voranschreiten der Klimakrise einher. Wie können wir uns auf diese geologische Belebtheit einstimmen, die sich durch kapitalistische Lieferketten und die Abhängigkeit von elektronischen Waren entfaltet? Basierend auf Erkenntnissen aus queerer Phänomenologie, Posthumanismus, Medienwissenschaften und feministischer Methodik konzentriert sich das Projekt auf die fortlaufenden Auswirkungen des toxischen Kolonialismus in der Great Basin Wüste in Kalifornien und Nevada als geopolitischen Standort der Weltraumfahrt und des Bergbaus, die darauf abzielen, Datenkapitalismus und Post-Erdöl-Ökonomien zu unterstützen.

Das Geologische wird von Kräften belebt, die außerhalb jeglicher Definitionen des Lebendigen liegen. Geologische Belebungen überschreiten viele Skalen: Sie verursachen grenzüberschreitende Störungen, die Kontinentalgrenzen spalten, erschaffen und definieren; sie begründen unsere lebendigen Beziehung zum Kosmos und seinen unendlichen Mythen; unternehmerisches und militärisches Streben nach außerirdischem Bergbau lassen sie über die Erde hinauswachsen und sie verwandeln sich in molekularisierte Materie zurück, um in Form giftiger Rückstände in die Blutströme von Tieren und Flüssen zu gelangen. Die Bewegungen der Mineralien machen Geräusche in der knirschenden planetaren Kruste, die durch die geologischen Schichten hindurch ertönen und widerhallen. Wer aber hört die Signale dieser unterirdischen Materie, während sie sich verformt und verwandelt? Welche Formen der Ästhetik können für und mit dem Unmenschlichen entwickelt werden?