Die Politik des Balkons in der zeitgenössischen Kunst
Dissertationsprojekt
von Eylem Ertürk, Institut für das künstlerische Lehramt und Institut für Kunst und Kulturwissenschaften
Projektstart: 20.09.2020
Abstract
Das Dissertationsprojekt “Die Politik des Balkons in der zeitgenössischen Kunst” untersucht Kunstpraktiken, die sich mit politischen Geschichten im öffentlichen Raum befassen. Es konzentriert sich auf den Balkon als Ort der öffentlichen Ansprache und als Repräsentationsraum der Macht, als Grenzraum zwischen dem privaten und dem öffentlichen Bereich, zwischen “oben” und “unten”. Es untersucht die politische Bedeutung des Balkons durch die visuelle und performative Analyse von zwei wiederkehrenden Aktionen: Balkonansprachen von politischen Persönlichkeiten des letzten Jahrhunderts und zeitgenössische Kunstpraktiken auf oder über dem Balkon. Die politische Aktion der Balkonansprachen, ihre Performativität und räumlichen Dimensionen sind in Fotos und Filmen visuell festgehalten und in verschiedenen Medien verbreitet. Auf der Grundlage dieser Materialen werden in dieser Arbeit die repräsentativen Elemente politischer Ansprachen untersucht. Das Projekt dekonstruiert die Bilder von Balkonansprachen, um verschiedene Aspekte der politischen Repräsentation durch Elemente der Architektur, der Performance von Körpern und der Versammlung im öffentlichen Raum zu untersuchen. Es versucht die Symbole und Dynamiken bei der Schaffung eines repräsentativen Raums der Macht aufzuzeigen und Möglichkeiten vorzuschlagen, dieses Wissen in künstlerischen Strategien zu nutzen. Der Balkon ist ein umstrittenes Thema, ein kritischer Ort, ein Bild und eine Aussage in der zeitgenössischen Kunst durch Fotografien, Videoarbeiten, Zeichnungen, Performances, Installationen, Interventionen, Ausstellungen usw. Durch die Analyse eines breiten Spektrums zeitgenössischer Kunstwerke in Bezug auf ihren politischen und sozialen Kontext wird die Arbeit einen kritischen Blick auf die künstlerischen Strategien im Umgang mit einem Raum der politischen Macht werfen. Wie kann die Kunst auf soziale Fragen im öffentlichen Raum reagieren, ohne die Performance und das Image der hegemonischen Macht zu reproduzieren? Wie kann sie sich einen kritischen Raum wieder aneignen, um Solidarität und Widerstand gegen die Macht zu schaffen? Die Forschung der Beziehungen zwischen Balkonansprachen, öffentlichem Raum und Kunstpraktiken bietet neue Perspektiven auf die öffentliche Funktion und die politische Philosophie des Balkons, und wird, so hoffe ich, zu Debatten über künstlerische Strategien beitragen, die sich mit Macht und Repräsentation im öffentlichen Raum befassen.
Kurzbiographie
Eylem Ertürk lebt und arbeitet in Wien und Istanbul als Praktikerin-Forscherin mit den Schwerpunkten Kunst, Politik, Erinnerung und öffentlicher Raum. Masterstudien in Social Design an der Universität für angewandte Kunst Wien (2019) und bildender Kunst/Fotografie an der Marmara Universität in Istanbul (2007). Seit 2005 hat sie mehrere Kunstprojekte initiiert und als Forscherin, Lektorin, Kuratorin und Direktorin gearbeitet. Sie war Ko-Kuratorin des Projekts, der Publikationen und der Ausstellungen von BAK: Revealing the City through Memory bei Anadolu Kültür (2010-2017), das sich mit dem kulturellen Dialog durch Kunst beschäftigt. Sie ist Herausgeberin der Bücher Local Cultural Policies Handbook: Steps, Tools and Case Studies (Istanbul Bilgi University Press, 2011) und Talks on Memory and Arts 2020 (Truth Justice Memory Center, 2021). Sie ist Mitbegründerin von Shared Walks, das durch Wandern in Städten soziale Begegnungen und kritische Räume schafft. Derzeit ist sie Doktorandin an der Akademie der bildenden Künste Wien und arbeitet als ÖAW-Doc-Fellow (2023-2024) zum Thema "Politik des Balkons in der zeitgenössischen Kunst" ("The Politics of the Balcony in Contemporary Art").