Reimagining, Repurposing, Reckoning: Colson Whitehead’s The Underground Railroad and the Aesthetics of Infrastructure
Vortrag von Laura Bieger als Teil eines größeren Forschungsprojekts zur Underground Railroad.
Der Vortrag ist Teil eines größeren Forschungsprojekts zur Underground Railroad – einer geheimen, aus einem kollektiven Akt zivilen Ungehorsams erschaffenen Infrastruktur, die versklavte Personen afrikanischer Herkunft in der Zeit vor dem amerikanischen Bürgerkrieg zur Flucht in die Freiheit nutzten und die nach dem Krieg zu einer wichtigen Plattform im Kampf gegen Rassismus wurde. Ziel ist die Neubewertung der ästhetischen und imaginären Anteile der Underground Railroad: Inwiefern wurde sie von einem „radikalen Imaginären“ angetrieben, das eine neue, alternative Infrastruktur hervorbrachte? Wie wurden bei der Realisation dieser neuen Infrastruktur – die keine Infrastruktur der Extraktion, sondern eine der Befreiung war – Elemente, Funktionsabläufe, Begriffe der gegebenen Infrastrukturen der Landnahme auf andere, widerständige Weise gebraucht?
Ausgehend von einem Verständnis von ‚Menschen‘ und ‚Sprache als Infrastruktur‘ (Simone, Larkin, Kristeva), zeigt meine Forschung, wie die Untersuchung der ästhetischen und imaginativen Bestandteile der Underground Railroad uns dabei helfen kann, den Wandel ihrer Widerstandsfunktion zu verstehen: Die Transformation von Transportmittel zu Gedenkstätte ist an künstlerische Auseinandersetzungen gekoppelt, die das Imaginäre und die Ästhetik der Underground Railroad zugleich erforschen und zur antirassistischen Mobilisierung nutzen. Im Rekurs auf meine Arbeit zu engagierter Literatur und relationaler Ästhetik fragt dieser Vortrag nach dem Beitrag von Colson Whiteheads preisgekröntem Roman The Underground Railroad (2016) zu dem kollektiven Unterfangen, die transformierte Infrastruktur zur Mobilisierung der lesenden Öffentlichkeit im Kampf gegen anti-schwarzen Rassismus in den USA von heute zu nutzen.
Laura Bieger ist Professorin für American Studies an der Ruhr-Universität Bochum. Ihr Buch Belonging and Narrative (transcript 2018) zeigt, wie maßgeblich der amerikanische Roman von dem menschlichen Grundbedürfnis nach Beheimatung geprägt ist und wie produktiv seine Geschichte sich im Rekurs auf dieses Bedürfnis erzählen und theoretisieren lässt. In einem anderen Buch, Ästhetik der Immersion (transcript 2007), untersucht sie öffentliche Räume vom Washingtoner Regierungsviertel bis zum Las Vegas Strip, die Welt-Bild-Verhältnisse in immersive Spektakel verwandeln. Ihre Aufsätze sind in New Literary History, Narrative, Studies in American Naturalism, Amerikastudien/American Studies und ZAA erschienen. Aktuell arbeitet sie zur relationalen Ästhetik politisch engagierter Kunst mit besonderem Augenmerk auf engagierte Literatur und lesende Öffentlichkeit.