Kulturelle Nachhaltigkeit in handwerklichen Ökosystemen: Dekoloniale Perspektiven auf Indiens handwerkliche Industrie
Vortrag von Laya Chirravuru organisiert von Elke Gaugele und Sarah Held, Fachbereich Moden & Styles (IKL).
Innerhalb des letzten Jahrzehnts hat der globale Diskurs über Nachhaltigkeit und nachhaltige Mode enorm an Dynamik gewonnen. Dies hat sowohl zu positiven Entwicklungen als auch zu Widersprüchen geführt. Während bemerkenswerte Anstrengungen unternommen werden, sich an den UN-Zielen für nachhaltige Entwicklung (Sustainable Development Goals (SDGs) auszurichten, hat das gestiegene Bewusstsein für dieses Thema auch Probleme wie Greenwashing und einen Mangel an Transparenz mit sich gebracht. Doch dieses wachsende Bewusstsein im Norden, das oft mit den drei Säulen - ökologische, ökonomische und soziale Nachhaltigkeit - in Verbindung gebracht wird, ist möglicherweise nicht genauso anwendbar auf den Kontext der nicht-industriellen Herstellungskulturen, die im Globalen Süden vorherrschen.
Dieser Vortrag ist eine Einführung in die Nuancen der kulturellen Nachhaltigkeit im Kontext der handgefertigten Industrie in Indien. In einem Land mit einer riesigen Bevölkerung, einem vielfältigen handwerklichen Erbe, einer komplexen Kolonialgeschichte und dem Streben nach einer postkolonialen Identität, um sich in die globale Wirtschaft zu integrieren, sind die Fragen rund um ethische, gerechte und nachhaltige Mode sehr vielschichtig. Dieser Vortrag taucht in eine kulturelle Entwicklung ein und untersucht historische nachhaltige Praktiken, die gewachsen, zusammengebrochen und neu verhandelt worden sind. Er geht über die drei Säulen hinaus und eröffnet die Debatte, um zu verstehen, warum kulturelle Nachhaltigkeit ein relevanterer Rahmen ist, um die Komplexität des indischen Ökosystems des Handwerks umfassend anzugehen.
Im Vortrag werden die Probleme in der zeitgenössischen Wahrnehmung und populären Darstellung von nachhaltiger Mode in der handgefertigten Industrie aufgezeigt, und potenzielle dekoloniale Perspektiven im indischen Modekontext hervorgehoben. Außerdem wird die sich entwickelnde Landschaft in der Kulturwirtschaft skizziert, die auf Degrowth und Dezentralisierung als vielversprechende Alternativen hinweist. Schließlich lädt der Vortrag zu einem Dialog ein, um das seit langem bestehende Problem der kulturellen Aneignung zu analysieren und Möglichkeiten für eine gerechte internationale kulturübergreifende Zusammenarbeit zu erkunden.
Laya Chirravuru ist Designforscherin mit einem Hintergrund als Modedesignerin und konzentriert sich auf die Entwicklung von Social-Design-Strategien zur Unterstützung der Modeindustrie durch Forschung für nachhaltige Auswirkungen. Sie untersucht die Nuancen kultureller Nachhaltigkeit in den Ökosystemen des Textilhandwerks in Südasien und das Potenzial digitaler Agency, um kulturelle Erhaltung neu zu denken. Sie ist Community Engagement Lead bei Roots Studio (NY), wo ihre Arbeit auf die Weitergabe von kulturellem Wissen und kreativen Austausch ausgerichtet ist. Sie ist Alumnus der Stiftung Bauhaus Dessau und lebt in Leipzig, Deutschland.