Akademie-Zeitung 02
Schwerpunktthema: Künstlerische Forschung
Mit Beiträgen von u.a. Sabeth Buchmann, Dorit Margreiter und Anette Baldauf, Eyal Weizman, Eva Egermann und Christine Erharter, Marion von Osten, Daniel Schönherr und Eva-Maria Pripfl, Stephen Zepke, Cornelia Reiter, Selima Niggl, Kathi Hofer und Chantal Mouffe, Interviews mit Scott C. Wolf (von Antje Lehn und David Stöger) und Markus Schaefer (von Erhard An-He Kinzelbach)
Die StudentInnenbeiträge kommen von Patrick Schabus, Vasilena Gankovska, Virtual Education und elastischesmikrofon72.
23.07.2007
Seit wenigen Jahren steht die Forschung im Zentrum einer weltweit geführten Diskussion, die ökonomischen Interessen genauso verpflichtet ist wie der Frage nach der Entwicklung neuer Denk- und Handlungsspielräume. Der Eindruck ist nicht von der Hand zu weisen, dass ökonomische Verwertungsmöglichkeiten prioritär gesetzt werden und damit eine Präfiguration der Outputs vorgezeichnet wird. Dieser kultur- und wissenspolitische Druck auf die Forschung führt zu finanziellen Zuwendungen, die aus der Perspektive der Infrastruktur begrüßt werden können, zugleich aber eine Legitimations- und Bewertungsebene mit einführen, die für den universitären Anspruch auf eine Freiheit der Forschung vor allem an den Rändern ihrer unmittelbaren Übersetzbarkeit in industrielle und technologische Anwendungsbereiche kritisch zu betrachten sind. Die Verteilung der steigenden Forschungsmittel, entsprechend den verschiedenen Segmenten, bestätigt diese Tendenz.
Für die Universitäten bedeutet dies, im selben Maße mit der Forderung nach Forschungsaktivitäten konfrontiert zu werden und zugleich ihre inhaltliche Ausrichtung auf die Verteilungspolitik abzustimmen. Im Kontext dieser ambivalenten Forschungseuphorie wird die Frage nach der Forschung auch für jene Disziplinen zum Thema, die bis dato entweder geforscht haben, ohne sich an den unmittelbaren Verwertungsmöglichkeiten orientiert zu haben, oder aber in methodisch und thematisch verwandten Feldern gearbeitet haben, ohne dafür den Begriff der Forschung zu strapazieren. Letzteres trifft vor allem die künstlerischen Praktiken und ihre entsprechenden Diskurse. Die Aktualität der Debatte läuft Gefahr, die impliziten Forschungsanteile an der Kunst seit jeher vergessen zu machen und zu unterstellen, diese Nähe von Wissenschaft, Kunst und Forschung wäre ein Novum, und zugleich den Forschungsbegriff selbst so inflationär in Anspruch zu nehmen, dass jeder methodische und methodenkritische Diskurs darin absorbiert wird. Das Spektrum reicht dabei von der These einer Kunst als Wissenschaft bis zur Forderung, dass Kunst grundsätzlich schon immer Forschung bedeutet und impliziert hat und beide als ident zu betrachten sind.
Um diese ambivalent zu wertende Forschungseuphorie einer kritischen Diskussion zuzuführen, werden in dieser Ausgabe der bildenden verschiedene Perspektiven auf das Verhältnis von Kunst und Forschung vorgestellt. Das Spektrum reicht dabei von europäischer Forschungspolitik über methodenkritischen Aspekte und Fragen der Interdisziplinarität bis zum Einfluss künstlerischer oder theoretischer Arbeiten auf angewandte Forschungsgebiete, die sich ideologisch konträr dazu verhalten und dennoch ihre Konsequenzen ziehen können aus hegemoniekritischen Diskursen.
Andreas Spiegl