Bundesminister Johannes Hahn eröffnete die neu errichteten Einbauten im Atelierhaus der Akademie der bildenden Künste Wien
Am 14. Mai 2008 fand im Atelierhaus der Akademie der bildenden Künste Wien die Eröffnungsveranstaltung der von den Architekten Stefan Gruber und Andrei Gheorghe geplanten Pavillons, eines Computerlabors und eines Fotostudios statt. Die feierliche Übergabe der Einbauten an den Lehrbetrieb der Akademie erfolgte durch Johannes Hahn, Bundesminister für Wissenschaft und Forschung,
persönlich im Beisein des neuen Universitätsrates und von Vertretern der Sponsorfirmen: Knauf Gips KG, Binder Holz, Fachverband der Holzindustrie und der Firma Blumenfeld.
Seit 1995 wird das von Gottfried Semper und Karl Hasenauer erbaute Kulissendepot des k.k. Hoftheaters als Künstlerateliers der Akademie der bildenden Künste Wien genutzt. Mit einem findigen Umnutzungs- und Brandschutzkonzept hatte Carl Pruscha damals den Bau vor dem Abriss gerettet. Seitdem hat sich die Kunstproduktion jedoch stark gewandelt und somit auch die Nutzungsanforderungen: Computer und Pixel gehören ebenso zur Werkzeugpalette wie Staffelei und Pinsel. Theorie und Diskussionen sind ebenso zentraler Bestand der Ausbildung wie künstlerisches Schaffen. Die bestehenden Räume des Atelierhauses der Akademie der bildenden Künste Wien, ehemals Semperdepot, bestechen durch ihre Offenheit und Weite, die allein von einem dichten Stützenwald gegliedert wird. Die synchrone und vielseitige Bespielung der Atelierlofts stellt im Alltag jedoch oft eine Herausforderung dar. Mit dem Bedarf nach programmatischer Differenzierung und kleineren in sich abgeschlossenen Räumen für Seminare, einem Computerlabor und einem Fotostudio traten die Akademie an die Architekten Stefan Gruber (von STUDIOGRUBER) und Andrei Gheorghe (von 24ARCH) heran. Die Einbauten wurden zugleich als Chance erkannt, eine übergeordnete gestalterische Kohärenz im Atelierhaus wiederherzustellen und den improvisierten Boxen und mannigfaltigen Trennwandkonstruktionen, die über die Jahre entstanden waren, Einhalt zu gebieten. Daher entwickelten die Architekten einen Prototypen mit einer anschaulichen Identität, der gleichzeitig wesentliche Parameter für die bedachte Integration von zusätzlichen Räumen und Funktionen definiert und auf individuelle Bedürfnisse der Klassen und spezifische Situationen reagieren kann.
Die Regeln, die den Prototypen definieren, üben einen Balanceakt aus: Durch Geometrie und Material reagieren die Einbauten auf den Bestand; zugleich erzeugt das innovative Konstruktionsprinzip aber eine klare Differenzierung zwischen Alt und Neu. Die facettierte Geometrie betont die Einbauten als freistehende Objekte und reflektiert die trapezförmigen Räume. Dabei werden nicht nur die Einbauten als Körper, sondern vor allem auch die sich ergebenden Zwischenräume bedacht. Die Zwischenräume werden durch die Programmierung der Hülle aktiviert: Möbelelemente, wie Sitzbänke, Schreibtische und Schließfächer sind in die Hüllfläche integriert und regen zur Aneignung des Umfeldes an. Im Wechselspiel mit der Oberflächentextur wirkt die programmierte Hülle dem Eindruck einer 'blinden Box' entgegen. Sie ist teils opak, teils durchsichtig und wird durch die Bewegung des Betrachters animiert.
Die Pavillons sind aus einer Serie von 4 cm dicken Holzrahmen konstruiert und treten mit den vorhandenen Holzdielen in Dialog. Die vertikale Schichtung der profilierten Tischlerplatten stellt jedoch eine unorthodoxe Aneignung des bestehenden Holzmaterials dar. Die Rahmenprofile sind CNC-gefräst und werden durch ein digitales Modell direkt angesteuert. Nur durch die computergesteuerte Fabrikation ist das hohe Maß an Differenzierung und die Fertigung 1600 unterschiedlicher Einzelteile überhaupt denkbar. Dennoch war der Aufbau und Transport, sowie das Sortierten eine logistische Herausforderung: Jedes Element wurde mit einer Codierung und drei Referenzlöchern zur exakten Montage versehen. Die differenzierte Holzstruktur wird so, zu Tragwerk und Ornament zugleich. Durch ihr Spiel mit Licht und Schatten erzeugt sie wechselnde Tiefenwirkungen.
Im Inneren bieten die Einbauten neutral helle und schlichte Räume. Die 'Weiße Zelle' dient dem Unterricht und Seminaren, gegebenenfalls auch Ausstellungen. Lediglich die Kopfseiten des Raumes sind verglast und ermöglicht Ein- und Ausblicke. Durch eine Projektionsleinwand lässt sich das Fenster abdunkeln, dann verwandeln sich die Säle in Vorführräume für Film und Projektionen.
Stefan Gruber und Andrei Gheorghe lehren beide am Institut für Kunst und Architektur der Akademie der bildenden Künste Wien, in dem Stefan Gruber auch als stellvertretender Institutsleiter agiert.
Stefan Gruber führt in Wien das Architekturbüro STUDIO GRUBER , das interdisziplinär an der Schnittstelle zwischen Architektur, Stadt und Kunst arbeitet. Vor seiner Selbständigkeit hat er 6 Jahre in den Büros von Diller+Scofidio und Peter Eisenman in New York und Wansleben Architekten in Köln gearbeitet. Bei Diller+Scofidio war er Projektleiter für international anerkannte Entwürfe wie u.a. die Erweiterung des Kammermusiksaals Alice Tully Hall im Lincoln Center.
Andrei Gheorghe ist derzeit Fulbrightstipendiat in Harvard. Er hat an der Akademie studiert, 2006 an der SCI-ARC Los Angeles unterrichtet und war u.a. für Jakob+MacFarlane Paris und FOA London als Architekt tätig. Weiters ist er Gründungsmitglied der Plattform 24 ARCH.com in Wien, dessen primäres Interesse dem Entwickeln von integrierten Designkonzepten in verschiedenen Maßstäben gilt. Zu den Arbeiten zählen Designprototypen für private Auftraggeber, interaktives Stadtmobiliar für die Stadt Wien sowie städtebauliche Entwürfe im In und Ausland.