Julia M. Nauhaus neue Direktorin der Gemäldegalerie und des Kupferstichkabinetts der Akademie der bildenden Künste Wien
22.01.2016
Die Entscheidung über die neue Stelle der gemeinsamen Leitung der Gemäldegalerie und des Kupferstichkabinetts der Akademie der bildenden Künste Wien ist gefallen: Die Kunst- und Literaturhistorikerin Dr.in Julia M. Nauhaus, die seit vier Jahren das Altenburger Lindenau-Museum sehr erfolgreich leitet, wird ab 1. April 2016 die Direktion für die Dauer von sechs Jahren antreten. Nauhaus wurde aus 20 Bewerber_innen aus dem In- und Ausland ausgewählt.
»Ich freue mich, dass mit Julia M. Nauhaus eine in vielen Bereichen höchst qualifizierte Persönlichkeit für die Leitung dieser beiden bedeutenden Sammlungen der Akademie gefunden werden konnte. Wie sie eindrucksvoll im Altenburger Lindenau- Museum zeigen konnte, ist ihr die Vermittlung der kulturellen und gesellschaftlichen Bedeutung von Kunst als Teil eines umfassenden Sammlungs- und Präsentationsauftrags ein besonderes Anliegen. Ihr ist es hervorragend gelungen, das historische Erbe und die wissenschaftliche Bearbeitung einerseits und die publikumswirksame Präsentation andererseits mit einander innovativ und erfolgreich zu verbinden.
Mit der gemeinsamen Leitung der Gemäldegalerie und des Kupferstichkabinett werden hier zahlreiche Optionen für eine Neupositionierung im nationalen und internationalen Museumsbetrieb verbunden sein. Um diese Herausforderung umzusetzen, wird es auch notwendig sein, zusätzliche Finanzmittel vor allem aus dem privaten Sektor zu lukrieren. Auch hier kann Julia M. Nauhaus auf große Erfolge als Direktorin verweisen. Ich bin überzeugt, dass sie ihre Ideen für eine stärkere Öffnung des Gemäldegalerie und des Kupferstichkabinetts in Verbindung mit zeitgenössischer Kunstproduktion erfolgreich umsetzen wird.« begründet Eva Blimlinger ihre Wahl.
Zu den Aufgaben der neuen Direktorin werden vor allem die wissenschaftlich-künstlerische sowie organisatorische Gesamtleitung der beiden Organisationseinheiten zählen. Dabei werden die Formulierung wissenschaftlicher und sammlungspolitischer Ziele und die Gestaltung der Ausstellungs- und Vermittlungsprogramme im Vordergrund stehen. Die in beiden Sammlungen begonnenen Digitalisierungen werden in den nächsten Jahren jedenfalls weitergeführt und mittelfristig zur Gänze zugänglich gemacht. In Zukunft wird es auch darum gehen, vermehrt jugendliche/nicht-traditionelle Publikumsschichten anzusprechen. Dies wird für die konzeptionelle Weiterentwicklung der Gemäldegalerie und des Kupferstichkabinetts, insbesondere auch in Zusammenhang mit der Programmierung des xhibit eine essentielle Grundlage sein.
Julia M. Nauhaus nimmt diese Herausforderung gerne an: »Die besondere Verbindung der Sammlungen an der Kunstakademie ermöglicht Diskurs und Experimentierfeld für und mit den Studierenden. Somit bieten die Sammlungen die Chance, die Bedeutung von vergleichendem Sehen und sinnlicher Anschauung von Kunst trotz Digitalisierung und Globalisierung – gerade auch in der medialen Welt des 21. Jahrhunderts – vor Augen zu führen und insbesondere junge Menschen dafür zu begeistern. Die Sammlungen Bernhard August von Lindenaus (1779–1854) im thüringischen Altenburg folgten einem aufklärerisch-didaktischen Impetus. Ich freue mich, den Aspekt der „Lehrsammlungen“ in Wien weiter verfolgen zu können.«
Durch eine engere Verzahnung innerhalb der Akademie und Kooperationen innerhalb der Stadt, aber auch international wolle sie die Bekanntheit des Museum verbessern. »Mehr Besucher und Besucherinnen für die Sammlungen zu begeistern, wird eine der Hauptaufgaben sein«, so Nauhaus. »So sehr die beiden Sammlungen in internationalen Fachkreisen zu den Highlights zählen so sind sie innerhalb Wiens nach wie vor ein Geheimtipp. Ziel wird es sein, die Bekanntheit insgesamt zu steigern, die Gemäldegalerie und das Kupferstichkabinett zu lebendigen Orten der Begegnung mit wunderbaren Kunstwerken, aber auch Menschen zu machen. Dabei können uns vor allem jene unterstützen, die schon jetzt die Gemäldegalerie schätzen und regelmäßig besuchen. Sie sollen in Zukunft unsere verbündeten Promotoren werden.«
Dr.in Julia M. Nauhaus, 1975 in Zwickau/Sachsen geboren, ist promovierte Kunsthistorikerin und Germanistin. 2004-2012 arbeitete sie als Kustodin im Städtischen Museum Braunschweig, neben zahlreicher Vortrags- und Publikationstätigkeit. Zu ihren Forschungsschwerpunkten zählen: Kunst-, Literatur- und Musikgeschichte des 19. Jahrhunderts, Kunst der 1950er und 60er Jahre und Museums- und Sammlungsgeschichte. Zuletzt leitete sie seit 2012 als Direktorin das Altenburger Lindenau-Museum, dessen Bekanntheitsgrad und Besucher_innenzahlen sie durch gezielte nationale sowie internationale Vernetzung und zahlreiche Maßnahmen und Aktionen, wie Sonderausstellungen, wesentlich steigerte und neue Schenkungen und Drittmittel für die Sammlung akquirierte. Ihr Vertrag wurde vom Landratsamt des Landkreises Altenburger Land nicht verlängert – in Folge traten aufgrund der Entscheidung fünf Mitglieder des Kuratoriums für die Vergabe des Gerhard-Altenbourg-Preises, eines der renommierten Kunstpreise in Thüringen und darüber hinaus, –aus Protest gegen diese Entscheidung zurück: Julia Friedrich (Kuratorin Grafische Sammlung, Museum Ludwig in Köln), Karsten Müller (Leitung Ernst Barlach-Haus, Hamburg), Adina Rieckmann (Journalistin, Dresden), Christian Rümelin (Leitung Cabinet d’Arts Graphiques, Genf) und Hilke Wagner (Direktorin Albertinum Galerie Neue Meister, Dresden).
Mit der Gemäldegalerie ist eine der drei international bedeutenden Altmeistersammlungen in Wien mit ihrem Bestand von etwa 1600 Gemälden unter dem Dach der Akademie angesiedelt. Zu den Sammlungsschwerpunkten gehören die Altniederländer rund um Hieronymus Boschs Weltgerichtstriptychon, die Altdeutschen mit Hauptwerken von Lucas Cranach d. Ä., die flämische Malerei von Jacob Jordaens zu Peter Paul Rubens und Van Dyck sowie die façettenreiche bürgerliche Malerei des holländischen 17. Jahrhunderts mit Werken von Jacob van Ruisdael, Rembrandt oder Pieter De Hooch. Zu den hervorragenden Meistern der italienischen Schulen zählen Botticelli, Tizian, Giambattista Tiepolo und Francesco Guardi. Zu erwähnen ist in diesem Zusammenhang auch die in die Gemäldegalerie eingegliederte Glyptothek die depotmäßig im Souterrain des Atelierhauses der Akademie aufgestellt ist.
Mit dem Kupferstichkabinett besitzt die Akademie eine der bedeutendsten grafischen Sammlungen Österreichs. Die aus Handzeichnungen – darunter Meisterzeichnungen von Dürer und Rembrandt –sowie die weltweit größte Sammlung gotischer Baurisse, Druckgrafik und Fotografien bestehende Sammlung repräsentiert ein einzigartiges Anschauungsmaterial zur gesamten abendländischen Kunstgeschichte und wurde auch als solche konzipiert. Darüber hinaus spiegelt diese Sammlung sowohl die Geschichte der Akademie als auch die Kunst und Kunstpolitik seit dem Beginn des 18. Jahrhunderts wider, da der größte Teil der Sammlung direkt in der Lehre verwendet wurde.
Beide Sammlungen befinden sich im Eigentum der Republik Österreich und bilden gemeinsam mit xhibit, dem Raum für die Präsentation zeitgenössischen Kunstschaffens, die zentralen Einrichtungen des Sammelns und Ausstellens an der Akademie der bildenden Künste Wien.