Stellungnahme des Arbeitskreises für Gleichbehandlungsfragen der Akademie der bildenden Künste Wien (AfG)
zum Bundesgesetzentwurf, mit dem das Universitätsgesetz 2002, das Hochschul-Qualitätssicherungsgesetz und das Hochschulgesetz 2005 geändert werden sollen.
Arbeitskreis für Gleichbehandlungsfragen der Akademie der bildenden Künste Wien (AfG)
Die vorgeschlagenen Änderungen bezüglich des §42 (2) UG 2002 zielen darauf ab, Struktur und Funktionalität der Arbeitskreise für Gleichbehandlungsfragen an den Universitäten grundlegend zu verändern. Dieser massive Eingriff ist für uns in keinster Weise sachlich begründet, unangemessen und somit abzulehnen.
Ad § 42 (2): Ermittlung der Arbeitskreis-Mitglieder durch Wahl
Der statt der bisherigen Entsendung vorgeschlagene Wahlmodus ist grundsätzlich nicht geeignet, da der AfG als Gremium keine Interessenvertretung der Kurien darstellt, sondern Aufsichts- und Kontrollaufgaben nachkommt, sowie über alle Kurien und Fächer hinweg beratend tätig ist. Der Wahlmodus signalisiert eine Repräsentationsfunktion, die dem Grundsatz widerspricht, dass die Mitglieder des Arbeitskreises für Gleichbehandlungsfragen bei der Ausübung ihrer Funktion an keine Weisungen oder Aufträge gebunden sind (Art. 81c B-VG). Der Arbeitskreis für Gleichbehandlungsfragen kann nur dann ein unabhängiges und wirksames Kontrollorgan im Sinne der Gleichbehandlung sein, wenn die Einrichtung durch den Senat erfolgt und die Zusammensetzung universitätsautonom über die Satzung geregelt wird.
Derzeit werden mit den Personen, die sich für eine Mitarbeit im Arbeitskreis interessieren, Vorgespräche geführt. Diese Art von Überprüfung der Qualifikation und Motivation der Mitglieder ist bei einer Wahl nicht gegeben.
Ein kompletter Wechsel der Arbeitskreis-Mitglieder durch Wahl würde dazu führen, dass die aufwendige Betreuung von Personal- und Beschwerdeverfahren unterbrochen und der Wissenstransfer von Gleichstellungskompetenzen abgeschnitten wird.
Bei einer Wahlperiode von drei Jahren besteht zudem die Gefahr einer chronischen Unterbesetzung, da Haupt- und Ersatzmitglieder mit befristeten Verträgen nicht flexibel nachnominiert werden könnten. Eine Wahl der Mitglieder birgt zudem das Risiko, dass bestehende Machtverhältnisse und strukturelle Diskriminierungen zementiert werden, was der Funktion der Arbeitskreise diametral entgegensteht.
Die neue Regelung sieht nunmehr eine_n Vorsitzende_n und eine_n stellvertretende_n Vorsitzende_n vor, dieses wird von uns abgelehnt, da es die Möglichkeit einschränkt, sowohl Personen aus dem wissenschaftlichen und allgemeinen Personal als auch Studierende als Mitglieder in den Vorsitz aufzunehmen.
Das alles könnte dazu führen, dass die Arbeitskreise ihren gesetzlichen Aufgaben nicht mehr oder nur eingeschränkt nachkommen können und in Folge vermehrt Klagen und Beschwerden bezüglich Diskriminierungen und Ungleichbehandlungen bei Personalverfahren zu erwarten sind.
Gleichzeitige Mitgliedschaft im Senat und im Arbeitskreis für Gleichbehandlungsfragen
Regelungen zur Befangenheit können und sollten universitätsautonom allein in der Satzung getroffen werden, die gleichzeitige Mitgliedschaft in beiden Gremien pauschal per Gesetz auszuschließen ist unangemessen.
Dem Senat würden damit auch inhaltliche Beiträge von Arbeitskreismitgliedern und deren Erfahrungswissen zu Gleichstellung, Diversität und Antidiskriminierung in seiner Arbeit verloren gehen. Insbesondere die vom Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung als Ziel formulierte diversitätsorientierte Gleichstellungspolitik braucht Vernetzung und Austausch quer durch alle Gremien und Kurien.
Auch setzt diese Regelung die geschlechtergerechte Zusammensetzung der beiden Gremien unter Druck. Da die Senatsmitgliedschaft vielfältiger und weniger konfrontativ ist, wird die Mitgliedschaft in Arbeitskreisen tendenziell noch unattraktiver gemacht. An manchen Universitäten wird in Folge weniger Personal dazu bereit sein, diese Rolle aktiv auszufüllen. Vielleicht ist das sogar intendiert – wenn man die Mindestgröße von fünf Mitgliedern als „Richtgröße“ lesen soll. Damit wäre jedoch der erhebliche und gut dokumentierte Arbeitsaufwand keinesfalls leistbar und somit die Wirkung der universitären Arbeitskreise für Gleichbehandlungsfragen rückläufig beeinträchtigt
Personalagenden
Aus unserer Perspektive widersprechen folgende Änderungen, die die Zuständigkeiten des Arbeitskreises – insbesondere in Bezug auf Personalagenden – betreffen, dem Arbeitsauftrag laut B-GlBG und den Wirkungszielen der Gleichstellung, Diversität und Antidiskriminierung an den Universitäten. Die Umsetzung dieser Punkte in der UG-Novelle 2020 würde hier einen gesellschaftspolitischen Rückschritt bedeuten, einzelne Bestimmungen könnten sogar zu Diskriminierung führen.
Ad § 98 (2) und (4): Berufungsverfahren für Universitätsprofessor_innen
Die vorgeschlagene Einbeziehung von Personen, die sich nicht beworben haben bis zur Erstellung des Besetzungsvorschlages unterläuft transparente und auf fachliche Gutachten gestützte Berufungsentscheidungen und widerspricht den formalen Regeln der Ausschreibungspraxis. Es bleibt unklar wie hier der AfG seinen Aufgaben nachkommen soll, insbesondere wie die Einhaltung des Frauenförderplans zu überprüfen wäre.
Die Einsetzung von Berufungsbeauftragten ist nicht nachvollziehbar begründet und von den Aufgaben des Arbeitskreises abgegrenzt. Die Verteilung der Kompetenzen und Verantwortlichkeiten – also die Frage, was fällt in die Zuständigkeit des Arbeitskreises für Gleichbehandlungsfragen und was fällt in die Zuständigkeit der_des Berufungsbeauftragten – ist gesetzlich unzureichend geregelt. Diese Änderungen lehnen wir daher ab.
Ad § 99a (2): Abgekürztes Berufungsverfahren für Universitätsprofessor_innen
Die Möglichkeit, Personen ohne Ausschreibung sofort unbefristet als Professor_innen anzustellen (opportunity hiring), verschärft das bereits bestehende Problem des fehlenden transparenten Auswahlverfahrens nach § 99 (1) und damit die Gefahr der Verfestigung einer Geschlechterdisparität in dieser Personalkategorie. Es kann nicht der Sinn des Gesetztes sein, individueller Willkür einen gesetzlichen Rahmen zu geben. Ein transparentes Verfahren ist sicherzustellen, daher muß dieser Passus dementsprechend verbessert werden.
Ad § 107 (1): Alternative Zuordnungen zu Personalgruppen in der Ausschreibung
Diese Regelung macht objektive Personalauswahlprozesse schwierig, da der Vergleich zwischen den besten Bewerber_innen im Rahmen der alternativen Personalgruppen durch uneindeutige Ausschreibungskriterien eine große Herausforderung darstellt. Personalentscheidungen auf dieser unklaren Basis sind schwer sachlich zu begründen, und der objektive Nachweis von Diskriminierung wird dadurch erschwert. Dieser Passus wird daher abgelehnt.
Ad § 109: Dauer der Arbeitsverhältnisse
Die grundsätzliche Intention der Prekarisierung bei befristeten Vertragsverhältnissen entgegenzuwirken wird prinzipiell begrüßt. Mit dieser Regelung , die einem Berufsverbot gleichkommt, wird jedoch nur noch mehr Druck auf prekär Beschäftigte ausgeübt, anstatt auf die Arbeitgeber_innen einzuwirken. Somit ist diese Änderung abzulehnen.
Gesellschaftliche Ziele
Ad § 23b (1): Wiederbestellung der Rektorin oder des Rektors
Es wird nicht überzeugend begründet, warum eine erste Wiederbestellung ohne Beschluss durch eine qualifizierte Mehrheit des Senats möglich sein soll. Die Mitwirkung des Senates als Vertretungsorgan aller Universitätsangehörigen ist demokratiepolitisch wesentlich und darf nicht allein dem Universitätsrat übertragen werden. Dass zusätzlich der Universitätsrat von einer jährlichen Berichtspflicht entbunden wird ist nicht nachvollziehbar. Diese Regelung beeinträchtigt das Zusammenspiel der drei Leitungsorgane der Universität und kommt einer Verschärfung der Tendenz zur Entdemokratisierung der Universitäten gleich, daher lehnen wir sie ab.
Die vorgesehene Regelung, dass die Funktionsperiode einer Rektorin oder eines Rektors mit Ende des Studienjahrs, in dem sie oder er das siebzigste Lebensjahr vollendet hat, endet, wird nicht näher sachlich begründet und ist daher im Sinne des §13 Abs 2 Z 7 B-GlBG als Altersdiskriminierung abzulehnen.
Ad § 59a: Mindeststudienleistungen
Die Maßnahme der Zwangsexmatrikulation bei Nichterfüllung der Mindeststudienleistung ist unangemessen. Daraus folgt extremer Druck und somit Ungleichbehandlung minorisierter und vulnerabler Gruppen bzw. Lebensphasen, insbesondere jedenfalls auf Studierende, die ihren Lebensunterhalt selber bestreiten müssen! Dieses Vorhaben widerspricht allen Programmen des Bundesministeriums für Bildung, Wissenschaft und Forschung zur sozialen Dimension und einem gesellschaftlichen Auftrag der anerkennt, dass Bildung und die damit einhergehenden Startvorteile in Österreich immer noch überdurchschnittlich vererbt werden und zu Ungleichbehandlungen führen, was auch durch die Studierendensozialerhebung 2019 des IHS unbestritten belegt wird.
Wir solidarisieren uns mit den Studierenden und unterstützen die Forderungen der österreichischen Hochschüler_innenschaft!
Ebenso unterstützt der AfG die Stellungnahmen des Senates und der ÖH der Akademie der bildenden Künste.
Mit freundlichen Grüßen,
Für den Arbeitskreis für Gleichbehandlungsfragen (AfG)
Antje Lehn
Vorsitzende des Arbeitskreises für Gleichbehandlungsfragen