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Die Akademie trauert um Univ.-Prof. Dr. Franz Mairinger

Kondolenzbuch:
kondolenzbuch@akbild.ac.at
Die Kondolenzschreiben werden auf dieser Seite öffentlich gemacht.

Am 7. Dezember 2022 ist Univ.-Prof. Dr. Franz Mairinger, ehemaliger Rektor und Vorstand des Instituts für Farbenlehre, Farbenchemie und Malmaterialienkunde an der Akademie der bildenden Künste Wien im 93. Lebensjahr verstorben.

Geboren am 24. Juni 1930 in Schärding/Inn, Oberösterreich, absolvierte er während der Kriegsjahre das Humanistische Gymnasium in Wien, Fichtnergasse, legte 1948 am BRG in Schärding die Matura ab und inskribierte danach an der philosophischen Fakultät der Universität Wien Chemie als Hauptfach und Physik, Psychologie und Philosophie als Nebenfächer. Seine Dissertation führte er bei Prof. Dr. Viktor Gutmann am Institut für Anorganische Chemie der Technischen Hochschule Wien aus und promovierte 1961 zum Doktor der Philosophie an der Universität Wien. Nach seiner Tätigkeit als Wissenschaftliche Hilfskraft und Nichtständiger Hochschulassistent an der TH-Wien konnte Dr. Mairinger sein Wissen auf dem Gebiet der kernmagnetischen Resonanz und numerischen Mathematik in wissenschaftlichen Auslandsaufenthalten in den USA (Department of Physical Chemistry, University of Illionois, Prof. Gutowsky) und in GB (AEI in Manchester sowie an der Strathclyde University, Glasgow) vertiefen, sodass er 1964 mit der Leitung der Abteilung für magnetische Resonanzmethoden und Betreuung des ersten NMR-Spektrometers in Österreich an der TH-Wien betraut wurde. Neben dieser herausfordernden Tätigkeit war er auch als Lehrbeauftragter an der Akademie der bildenden Künste Wien in den Fächern Farbenlehre, Farbenchemie und Malmaterialienkunde sowie für die Vermittlung der naturwissenschaftlichen Grundlagen in der Studienrichtung Konservierung-Restaurierung tätig.

Im Jahre 1967 erfolgte die Berufung zum außerordentlichen Hochschulprofessor und Vorstand des Instituts für Farbenlehre, Farbenchemie und Malmaterialienkunde und 1972 die Ernennung zum ordentlichen HS-Prof. auf Antrag des Professorenkollegiums. 1976 – 84 konnte er nach siebenmaliger Wiederwahl als Rektor und danach noch mehrere Jahre als Prorektor die Akademie der bildenden Künste in zahlreichen nationalen und internationalen Gremien vertreten, unter anderem insgesamt 4 Funktionsperioden als 2. Stellvertretender Vorsitzender der Österreichischen Rektorenkonferenz sowie Vorsitzender des Kunsthochschul-Ausschusses, als Mitglied des Akademischen Rates (persönlicher Vertreter von BM Dr. Firnberg und Dr. Fischer), als Kuratoriumsmitglied des Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung (FWF), Präsident der neu gegründeten Austrian Section of the International Institute for Conservation (IIC), Mitglied des Denkmalbeirates, Mitglied der 4-köpfigen Ludwigkommission zur Schaffung des Museums moderner Kunst im Palais Liechtenstein (heute MuMoK im Museumsquartier) sowie der Österreichischen UNESCO-Kommission.

Sein Hauptinteresse neben diesen zahlreichen Aufgaben galt aber stets der akademischen Lehre in seinen Nominalfächern sowie der Anwendung moderner naturwissenschaftlicher Methoden zur Dokumentation von Kunstwerken mit Hilfe fotografischer und mikroskopischer Techniken. Dabei stand die Kooperation mit der Gemäldegalerie der Akademie sowie den Werkstätten des Österreichischen Bundesdenkmalamtes und den Bundesmuseen im Vordergrund. Auf dieser Zusammenarbeit basiert auch sein bekanntes „Büchlein“ Untersuchungen von Kunstwerken mit sichtbarer und unsichtbarer Strahlung, welches bereits 1977 in der Reihe „Bildhefte der Akademie der bildenden Künste in Wien, Doppelheft 8/9“ publiziert werden konnte sowie das 2003 im E.A. Seemann-Verlag erschienene umfangreiche Standardwerk „Strahlenuntersuchungen an Kunstwerken“. Mit beiden Publikationen hat Franz Mairinger nicht nur für Studierende der Konservierung-Restaurierung und der verschiedenen geisteswissenschaftlichen Disziplinen sondern auch für Kunstinteressierte eine Basis geschaffen, neben der reinen visuellen Betrachtung und Beurteilung von Kunstwerken auch den Aufbau und damit die Genesis eines Objektes mit infraroter, ultravioletter oder Röntgen-Strahlung systematisch zu erfassen und wissenschaftlich zu dokumentieren.

Hervorzuheben ist auch, dass unter dem Rektor Franz Mairinger zahlreiche bekannte Künstler wie Bruno Gironcoli, Arnulf Rainer, Friedensreich Hundertwasser oder Markus Prachensky als Professoren an die Akademie berufen werden konnten. Daneben galt sein Augenmerk aber auch einer fundierten Ausbildung der Studierenden in den Fächern Kunstgeschichte (Otto Graf), Kunsterziehung (Claus Pack, Edelbert Köb), Architektur (Wolfdietrich Ziesel, Timo Penttilä, Herbert Muck) sowie der Neueinrichtung des Instituts für Gegenwartskunst im Jahre 1983 mit Gastprofessor Johannes Gachnang. Ferner hat er als Rektor auch die Möglichkeit einer Habilitation im damals noch geltenden Akademie-Organisationsgesetz (AOG) auf künstlerischem sowie kunsttechnologischem Gebiet unterstützt und damit die Akademie innerhalb der Kunsthochschulen auch auf den künstlerisch-wissenschaftlichen Gebieten klar positionieren können.

In seine Zeit als Rektor der Akademie fällt auch die erste Ausstellung der DDR in Österreich an der Akademie (1977: Realistische Tendenzen deutscher Kunst zwischen 1919 und 1933) in Vorbereitung des Kulturabkommens zwischen Österreich und der DDR sowie des Dozenten- und Studenten-Austausches mit der Hochschule der bildenden Künste Dresden. Ferner konnte die Tagung Conservation within Historic Buildings des IIC im September 1980 an der Akademie durchgeführt werden. Dabei wurden Wien und die Akademie in den internationalen Blickpunkt auf dem Gebiet der wissenschaftlichen Beurteilung von Verfahren zur Erhaltung des kulturellen Erbes gestellt.

Abschließend sei noch erwähnt, dass in seiner Amtszeit als Rektor unter anderem auch die Generalsanierung und Neugestaltung der Gemäldegalerie (1983), der Ausbau des Turmes 1 sowie zahlreiche Ateliereinbauten im 2. Stock des Hauptgebäudes der Akademie am Schillerplatz (1980-82) und die Anmietung des Objektes in der Josefsgasse im 8. Wiener Gemeindebezirk für das Institut für Textiles Gestalten erfolgt sind.

In Anerkennung der umfangreichen Tätigkeiten im Bereich der akademischen Lehre und Verwaltung sowie der zahlreichen wissenschaftlichen Publikationen wurden Prof. Dr. Franz Mairinger nationale und internationale Auszeichnungen verliehen: Großes Silbernes Ehrenzeichen der Republik Österreich, Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst 1. Klasse, Commendatore des italienischen Ordens Al Merito, Fellow of the International Institute for Conservation, Orden Kyrill und Methodi 1. Klasse, Verdienstmedaille „1300 Jahre Bulgarien“ und Ehrennadel der Universität Tel Aviv. 

Franz Mairingers Wirken und Schaffen als Rektor der Akademie, sein umfassendes Wissen als akademischer Lehrer und sein stetes Interesse an neuen Erkenntnissen und Methoden als Wissenschaftler werden alle, die ihn privat oder beruflich über längere Zeit begleiten durften, ein ehrendes Gedenken bewahren.

Manfred Schreiner