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Cecilie Norgaard

Im Gespräch mit Barbara Pflanzner, Akademie Studio Programm, Creative Cluster, 4. April 2024.

Du hast einmal gesagt, dass du Malerei als ein System betrachtest, das ausschließlich sich selbst widerspiegelt. Kannst du das näher erläutern?

Ich möchte das nicht als allgemeine Aussage formulieren, aber für mich ist es die einzige interessante Herangehensweise. Ich denke das „Medium“ der Malerei als ein Medium, das sich selbst allegorisieren und metaphorisch darstellen kann und somit ein Bewusstsein für sich selbst zeigt. In einer meiner letzten Ausstellungen bestand die Idee darin, eine symbolische Beziehung zwischen Malerei und Sport herzustellen eine Parallele oder Allegorie zwischen der Arbeit in der Kunstwelt und der Rolle eines Spielers in einem Spiel oder einem Wettbewerb. Die Bilder suchten Verbindungen zwischen dem gewählten Thema und der Untersuchung des Mediums. Zum Beispiel gab es Darstellungen von Pinseln auf einem Fußballfeld oder einer digitalen Uhr bzw. eine Anzeigetafel, die aber nicht die Zeit oder das Ergebnis des Spiels, sondern das Format des Gemäldes, zeigte. Ein anderes Bild zeigte ein Sportfeld, das so gemalt war, dass es an historische modernistische Gemälde erinnerte. In einer anderen Ausstellung hatte ich die Idee, das Medium der Malerei als Lastwagen darzustellen, indem ich jedes Ölgemälde als großes, schweres, machohaftes Fahrzeug betrachtete und darüber nachdachte, welche Waren es transportiert.

Du verbringst viel Zeit mit Recherche und Schreiben, bevor du mit einer neuen Werkserie beginnst. Wie wählst du deine Themen und Motive aus?

Für mich ist Malerei keine rein gestische oder expressive Tätigkeit. Sie basiert immer auf einer Idee, die sich von Projekt zu Projekt verändert. Die Recherche kann theoretischer Natur sein, aber normalerweise beeinflusst die Theorie selten die Arbeit in der Ideenphase, sondern kommt erst später ins Spiel. Die Recherche besteht eher darin, Bilder anzuschauen – etwa Stockfotos oder Bilder von Objekten, die mich interessieren – und zu versuchen, ein Ausgangsbild zu finden, das die jeweilige Idee darstellen kann. 

Deine Motive laden uns ein, in die Bildwelt einzutauchen, aber gleichzeitig bleibt vieles unklar. Inwieweit siehst du einen narrativen Moment in deiner Arbeit, oder ist das für dich nicht so relevant?

Das ist eine häufig gestellte Frage. Für mich liegt die Narration im Konzeptualismus und in der Frage, warum die Gemälde so gemacht wurden, wie sie sind, oder warum sie das darstellen, was sie darstellen. Es gibt eine Erzählung, die die Arbeit zusammenhält und verankert. Aber auf der Ebene des einzelnen Gemäldes oder des Moments, den viele Menschen beschreiben, bei dem sie sich eingeladen fühlen und eine Art Identifikation stattfindet, gibt es keine Geschichte. Natürlich finde ich es aber interessant, dass dieser Identifikationsprozess überhaupt passiert. 

Einige deiner Bilder erinnern mich an Gemälde aus Kunstgeschichtsperioden wie der Renaissance, besonders in Bezug auf Farbe oder Technik. Gibt es kunsthistorische Vorbilder, oder spielt das in deiner Arbeit keine Rolle?

Ich habe kürzlich die Pinacoteca di Brera in Mailand besucht, in der viele Renaissance-Gemälde ausgestellt sind. Inhaltlich ist vieles religiös, was ich an sich nicht sehr interessant finde. Aber strukturell, wie die Bilder komponiert sind, wie die Künstler es geschafft haben, die Bilder in verschiedene ontologische Schichten zu unterteilen zum Beispiel das Heilige auf der einen Ebene und das Profane auf der anderen und wie solche Verschiebungen innerhalb eines und desselben Bildes passieren, das ist eine große Inspirationsquelle. Diese Inspiration ist strukturell und manchmal allegorisch, und betrifft weniger spezifische Darstellungen von Geschichten und Charakteren. Die Verwendung von Tempera in meiner Arbeit ist ein materieller Verweis auf alte Techniken des Mischens und Verwendens von Farben. Darüber hinaus ist mein Gebrauch von Farbe jedoch eher intuitiv als referenziell. Ich mag es, wenn Farben nicht sauber sind. Ich empfinde eine gewisse Skepsis gegenüber Sauberkeit und „glaube“ eher an Schmutz. 

Deine Arbeiten zeigen oft mehrere Schichten und sind im Hinblick auf die Raumstrukturierung präzise ausbalanciert.

Ich interessiere mich sehr für dekorative Muster und wie man sie zu Verhaltensmustern abstrahieren kann und umgekehrt. Oft benutze und zeige ich Elemente aus dem öffentlichen Raum, der oft als Muster strukturiert ist – eines, das sich leicht in etwas Dekoratives übersetzen lässt. 

Du arbeitest immer an vielen Stücken gleichzeitig. Was gefällt dir an dieser Arbeitsweise?

Es scheint die einzige Art zu sein, wie ich arbeiten kann. Das hat mit mehreren Dingen zu tun: Ich beginne eine Arbeit und brauche dann Zeit, um herauszufinden, was ich daraus machen möchte; gleichzeitig brauche ich andere Orte, auf die ich meine Energie lenken kann. Wenn ich an einem Gemälde arbeite, kann ich es abstrahieren oder einen Teil davon nehmen und in einem anderen Gemälde ausarbeiten. So wird das Malen zu einem Jonglierakt, den ich wirklich genieße. Wenn ich mich zu sehr auf ein einziges Gemälde konzentriere, kann es zu einer eigenen Figur werden, bis zu dem Punkt, an dem es zu eigenständig und zu unabhängig von den anderen Bildern wirkt. 

Du schaffst also immer auch eine Verbindung und ein System innerhalb der Werkgruppe?

Ja. Ich betone immer, wie Elemente in einem Bild ihre Bedeutung verschieben oder annehmen können, sodass diese grundlegenden Signifikanten ihre Bedeutung ändern und gleichzeitig die Bilder miteinander verweben. Als ich damit begonnen habe, an der Serie von Gemälden mit Lastwagen zu arbeiten, wollte ich in jedem einzelnen Gemälde etwas Türkises integrieren. Dieses Element sollte sich dann von Stück zu Stück verschieben, beispielsweise durch einen runden Globus, in einem Kreis angeordnete Bildschirme oder kleine Quadrate, die entweder Bildschirme oder Darstellungen von Gemälden sein könnten. Ich nannte es „symbolisches Wissen“, weil ich dachte, dass genau das durch die „Malerei“ importiert und exportiert wird.

Zu Beginn des Studio-Programms war eines deiner Ziele, mit Sound zu arbeiten. Konntest du dieses Vorhaben umsetzen?

Ich habe eine performative Pfeifband mit meiner Freundin Nanna Friis namens More to Life gegründet, mit der wir vor Kurzem in LA aufgetreten sind. Die Antwort ist also ja!

Eine Band, die pfeift, ist eher ungewöhnlich – kannst du erklären, wie ihr auf dieses Konzept gekommen seid und was genau ihr pfeift? 

Wir sind beide sehr gute Pfeiferinnen. Ehrlich gesagt scheint es, dass die Leute sehr begeistert von gutem Pfeifen sind. Wir denken darüber nach, wie wir das in einen Kunstkontext setzen und interessant gestalten können. Grundsätzlich finde ich es nicht so interessant, etwas nur deshalb zu zeigen, weil man darin gut ist und die Leute davon begeistert sind. Wir haben in der Vergangenheit verschiedene Experimente damit gemacht. Zum Beispiel hat meine Freundin Melanie Ebenhoch einmal eine Ausstellung in der Galerie Martin Janda kuratiert und mich eingeladen zu pfeifen. Ich habe ein Lied in einer Auflage von drei aufgenommen und zum Verkauf angeboten. Ich denke, es liegt kritisches Potenzial darin, etwas so Allgegenwärtiges und Unspezifisches wie das Pfeifen zu verwenden und es als spezialisiertes, einzigartiges Gut zu präsentieren. Mich interessieren die Ökonomie der Kunstwelt und die Wege, die eingeschlagen werden, um die Absurdität der Wertzuweisung in diesem Kontext herauszustellen. Ein weiterer interessanter Aspekt ist, dass es tatsächlich eine ziemlich intime Erfahrung ist, anderen Leuten beim Pfeifen zuzusehen. Man muss sich wirklich konzentrieren und kommt den Performer_innen dadurch sehr nahe. Die Leute sind immer ein wenig unsicher, ob sie lachen oder berührt sein sollen. Da steckt etwas Tieferes dahinter. 

Nachdem du deine Arbeiten im letzten Jahr in mehreren Gruppen- und Einzelausstellungen in Galerien und Kunsträumen gezeigt hast, gibt es bereits Pläne für zukünftige Ausstellungen?

Ja, für meine nächste Ausstellung Die installierte Reale in Rinde am Rhein in Düsseldorf arbeite ich mit der Künstlerin Sanna Helena Berger, zusammen. Wir wollten schon seit einiger Zeit ein gemeinsames Projekt umsetzen. Unser Ziel besteht darin, Malerei mit weniger marktfähigen Werken zu verbinden. In unserer Arbeit entwickeln wir beide eine Art institutionelle Kritik, wenn auch in sehr unterschiedlichen Medien. Während ich nur mit Malerei arbeite, meidet Sanna Helena aus prinzipiellen und kommerziellen Gründen dieses Medium. Es ist für uns spannend zu sehen, wie wir die Malerei zur Zusammenarbeit zwingen und mit anderen Materialien verbinden können, wie sie ihre Oberfläche anderen Arbeitsformen „leihen“ kann. Nach dieser Ausstellung präsentieren ich Werke in einer Einzelausstellung im Artist-Run Space wieoftnoch in Karlsruhe. Danach zeige ich Arbeiten bei CHART in Kopenhagen und habe eine Einzelausstellung bei der Vienna Contemporary mit der Galerie Matteo Cantarella, bei der ich auch gerade eine Ausstellung in Dänemark hatte. Im Anschluss ist noch ist eine Gruppenausstellung in Belgrad geplant.