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Gabriele-Possanner-Preis 2023 geht an Elke Krasny

Prof.in Mag.a Elke Krasny, PhD ist feministische Kulturtheoretikerin und Kuratorin. Nach einer Laufbahn als freie Wissenschaftlerin, ist sie seit 2014 Professorin für Kunst und Bildung an der Akademie der bildenden Künste Wien.

Das BMBWF vergibt seit 1997 alle zwei Jahre die Gabriele-Possanner-Preise für wissenschaftliche Leistungen, die der Geschlechterforschung in Österreich förderlich sind. Es gibt einen Staats-, einen Würdigungs- sowie zwei Förderungspreise, wobei die Vergabe durch die_den Bundesminister_in für Bildung, Wissenschaft und Forschung auf Vorschlag einer von ihr_ihm einberufenen internationalen Fachjury erfolgt.

Der mit 10.000,-- Euro dotierte Gabriele-Possanner-Staatspreis dient der Auszeichnung einer Person aus dem Bereich Forschung und Lehre, deren wissenschaftliche Leistungen die Geschlechterforschung in Österreich nachhaltig fördern.

Begründung für Nominierung:

Elke Krasny verfolgt in ihrer wissenschaftlichen, kuratorischen, lehrenden und vermittelnden Arbeit seit Jahrzehnten konsequent und kritisch Fragestellungen, die Geschlechterdimensionen in Architektur, Kunst, Kuratieren und Urbanismus behandeln.

Krasny hat in innovativer und komplexer Weise kuratorisches Forschen als feministische Praxis etabliert und mit langfristigangelegten kuratorischen Forschungsprojekten, wie Stadt und Frauen. Eine andere Topographie von Wien lebensweltliche und alltägliche Stadterfahrungen von in Wien lebenden Frauen mit historischer frauenspezifischer Stadtforschung und der Untersuchung der Sammlungsbestände der Wienbibliothek im Rathaus verbunden. Ihre Arbeitsweise ist davon gekennzeichnet, dass sie die Auseinandersetzung mit und zwischen unterschiedlichen feministischen Positionen vorantreibt und ermöglicht, wie beispielsweise bei dem 2010 veranstalteten Symposium Women's Museum/Frauen:Museum. Dieses Symposium sowie das in Folge 2013 erschienene Buch brachten zum ersten Mal kuratorische Arbeitsweisen von Frauenmuseen, die seit den 1980er Jahren entstanden sind, und feministische kuratorische Praxen aus dem zeitgenössischen Kunstfeld, vor allem aus anti-kolonialer, diasporisch und migrantisch situierten Positionen, zusammen. Für das Symposium wurde Elke Krasny mit dem Austrian Artist Award-Women's Culture ausgezeichnet.

Elke Krasny hat seit dieser mit dem Sammelband Frauen:Museum. Politiken des Kuratorischen in Feminismus, Bildung Geschichte und Kunst vorgelegten Grundlagenarbeit zu Geschlechterdimensionen im Kuratieren und zu feministischen kuratorischen Methoden und Praxen konsequent und innovativ zu diesem neuen Forschungsfeld der Theorie und Geschichte des feministischen Kuratierens beigetragen und insbesondere kuratorisch forschenden wissenschaftlichen Nachwuchs gefördert. Als Ko-Herausgeberin einer Reihe von Publikationen konsolidierte sie dieses Forschungsfeld: Curating in Feminist Thought, gemeinsam mit Dorothee Richter und Lara Perry 2016; Radicalizing Care. Feminist and Queer Activism in Curating, gemeinsam mit Sophie Lingg, Lena Fritsch, Birgit Bosold und Vera Hofmann 2022; Feminist Curating as Organizing, gemeinsam mit Lara Perry 2023; Curating with Care, gemeinsam mit Lara Perry 2023.

Seit 2012 beschäftigt sich Elke Krasny mit Geschlechterfragen im Zusammenhang von Care, Sorgearbeit und ethischen Dimensionen von Sorge, und hat wesentlich zu einem 'caring turn' in Architekturdiskurs und Architekturpraxis beigetragen. Insbesondere die gemeinsam mit Angelika Fitz kuratierte Ausstellung Critical Care. Architecture and Urbanism for a Broken Planet sowie das gleichnamige bei MIT Press erschienene Buch lenkten die Aufmerksamkeit auf Architektur als Praxis des Sorge Tragens. Elke Krasny wird international eingeladen, zu Geschlechterdimensionen von Care in Architektur und Urbanismus Vorträge zu halten und Workshops zu geben, unter anderem bei der Women Deliver Americas 2023 Konferenz in Bogota, bei den SEA Conversations 2023, die von der School of Environment and Architecture in Mumbai veranstaltet werden, bei der Visualizing Care Konferenz an der Duke University 2022. Im Herbst 2023 wird sie bei der Architecture Humanities Research Association Konferenz eine Keynote Lecture zu Sorge und Architektur halten.

Gemeinsam mit Angelika Fitz und Marvi Mazhar hat Elke Krasny das Lebenswerk von Yasmeen Lari, der ersten Frau, die in Pakistan ein Architekturbüro gegründet hat, aufgearbeitet und damit einen wesentlichen Beitrag zu einer geschlechterkritischen und dekolonialen Architekturgeschichtsschreibung geleistet.

Darüberhinaus macht die Rezeption der im Architekturzentrum Wien gezeigten Ausstellung sowie des anlässlich der Ausstellung erschienen Buchs Yasmeen Lari. Architecture for the Future deutlich, dass von solch feministischer kuratorischer Architekturforschung wesentliche und vorbildhafte Inspirationen für Architekt_innen und Studierende ausgehen, die angesichts der Klimakatastrophe nach neuen Wegen des Architekturmachens suchen.

In ihrer jüngsten Veröffentlichung, Living with an lnfected Planet. Covid-19, Feminism and the Clobal Frontline of Care, setzt Elke Krasny die methodischen Werkzeuge der feministischen Kulturtheorie für eine Analyse von politischen Ansprachen und Policy Dokumenten ein. Insbesondere entwickelt Krasny die Analysewerkzeuge von feministischer Sorge (feminist worry) und feministischer Hoffnung (feminist hope), da sie darauf insistiert, dass Sorge zugleich epistemische und handlungsorientierte Dimensionen hat und herausarbeitet, dass die moderne patriarchale Trennung von Körper und Geist zur Devaluierung von Sorge als Wissen führte. Für diese Zusammenhänge schlägt sie beruhend auf der Auseinandersetzung mit feministischen Wiederaufbauplänen und mit der pandemischen Fokussierung von feministischen Energien in Aktivismus, Policy und Forschung auf sorgetragende Arbeit den Begriff Care Feminism vor.

Die feministische Praxis von Elke Krasny verbindet in exemplarischer und innovativer Weise Forschen, Kuratieren und Lehren, um gemeinsam mit vielen anderen die Wissensproduktion in transnational, intersektional und intergenerational orientierten Feminismen voranzutreiben. Elke Krasny unterstützt in der Lehre und im transnationalen Austausch den wissenschaftlichen feministischen Nachwuchs, um der kompetitiven Vereinzelung durch solidarische Zusammenarbeiten entgegenzuwirken. Dies ist Ausdruck ihrer Haltung und ihres methodischen Zugangs, Sorge und Hoffnung in einer feministischen Forschungspraxis miteinander in Verbindung zu bringen. Das Anliegen von Elke Krasny ist es, kritische Analysen der Gewaltförmigkeit von herrschenden Geschlechterverhältnissen in der klimakatastrophischen Gegenwart, gekennzeichnet von den Effekten von genozidalen und ökozidalen Vergangenheiten, aufzuarbeiten. Über kritische Analyse hinausgehend, ist für Elke Krasnys Arbeit die Auseinandersetzung, Unterstützung und Weiterentwicklung von transformativen und emanzipatorischen Praxen in Kunst, Architektur, Urbanismus und Kuratieren zentral, um dadurch zur Verwirklichung epistemischer, sozialer und ökologischer Geschlechtergerechtigkeit beizutragen.