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Rosa Arbeit auf goldener Straße

Datum
Uhrzeit
Termin Label
Eröffnung
Organisationseinheiten
xhibit

Öffnungszeiten: Di-So 10.00-18.00 h, Eintritt frei
Geschlossen am 25.12.2012 + 01.01.2013,
geöffnet am 26. + 31.12.2012

Öffnungszeiten während des Rundganges:
Do, 24.01.2013, 10.00–20.00 h
Fr, 25.01.2013, 10.00–20.00 h
Sa, 26.01.2013, 10.00–20.00 h
So, 27.01.2013, 10.00–18.00 h

Künstler_innen: Pauline Boudry/Renate Lorenz, Kaucyila Brooke,
Katrina Daschner, Anna Daucikova, Vaginal Davis/Damiana Garcia, Justine Frank, Julian Göthe, Nilbar Güres, Stefan Hayn, Katarzyna Kozyra, Mateusz Lesman, Ulrike Müller, Rosa von Praunheim,
Karol Radziszewski, Roee Rosen, Hans Scheirl, Toni Schmale, Stefanie Seibold, Tejal Shah, Viktoria Tremmel, David Zeller

Kurator_innen: Christiane Erharter und Dietmar Schwärzler
Ausstellungsarchitektur: Robert Vörös

09.11.2012, 19.30 h , xhibit
Begrüßung:
Eva Blimlinger Rektorin der Akademie der bildenden Künste Wien
Einführung: Christiane Erharter und Dietmar Schwärzler Kurator_innen der Ausstellung
Performance: bend over …! Jakob Lena Knebl, Peter Kozek und Andreas Riegler

Der Titel der Ausstellung ist eine Reverenz an den fast gleichnamigen
Film Rosa Arbeiter auf goldener Straße, Teil II (1969) von Rosa von Praunheim. In diesem frühen Kurzfi lm lässt Praunheim die Protagonistin (gespielt von Carla Aulaulu) aus politischer Haft in der ehemaligen DDR fliehen und im bourgeois-bohèmen Kunstmilieu
Westberlins Unterschlupf finden. Dort angekommen heiratet sie einen Schauspieler, der sich am Ende der schwulen Revolution
anschließt und stirbt. Der nur elf Minuten lange, flamboyante Film stellt ein Paradebeispiel in der ambivalenten Ausrichtung von
Geschlechterrollen und Sexualitäten dar und lässt sich aus heutiger Sicht queer lesen.

Boudry Lorenz
Pauline Boudry/Renate Lorenz: Toxic, Installation mit Super 16mm Film/HD, 13 min, 2012, Foto: Ouidade Soussi-Chiadmi

Nach dem durch die AIDS-Krise identitätspolitisch aufgeladenen Aktivismus der Act Up-Bewegung in den späten 1980er und 1990er Jahren und den queer-theoretisch dominierten Nuller Jahren beschreibt der Begriff queer längst nicht mehr nur eine Bewegung und Theorie geschweige denn eine Subkultur, sondern ist im Lifestyle (Clubs, Modeblogs, TV-Serien) angekommen und omnipräsent. Was genau damit gemeint ist, bleibt ob der im Begriff immanent ange- legten Vielschichtigkeit und Widersprüchlichkeit oft unspezifi sch und hängt von den Nutzer_innen und vom jeweiligen Kontext ab. ln der bildenden Kunst lässt sich ein verstärktes Interesse an einer abstrahierten Darstellung von Sexualitätsformen jenseits des Homo- und Heteronormativen beobachten.

Judith Halberstams Definition von queer aufgreifend ("queer refers to nonnormative logics and organizations of community, sexual identity, embodiment, and activity in space and time") wollen wir auch ihren Begriff der "queeren Abstraktion" (queer abstraction) genauer untersuchen. Eine zufriedenstellende Erläuterung dieses Konzepts bleibt sie schuldig. Das Ableiten, Aussparen, Weglassen -
Abstrahieren - von gängigen Körperbildern und Diskursen, wollen wir als Konzept der "queeren Abstraktion" ins Feld führen und ob es eingelöst werden kann, zur Diskussion stellen.

Bend_Schmale
Toni Schmale, bend over your boyfriend, Objekt aus Beton, 2010

In Rosa Arbeit auf goldener Straße mischen sich künstlerische Positionen, die als folgerichtige Konsequenz die Kritik des
Konzepts queer an der Repräsentation von stabilen, darstellbaren Identitäten verfolgen (Justine Frank, Roee Rosen, Pauline Boudry/
Renate Lorenz, Stefan Hayn, Katarzyna Kozyra, Mateusz Lesman, Vaginal Davis/Damiana Garcia), mit jenen, die mithilfe von Verun-sicherungstaktiken Zuschreibungen und Körperbilder abstrahieren (Kaucyila Brooke, Nilbar Güres, Viktoria Tremmel). Auch formale Parameter wie die der Materialwahl und Technik (Katrina Daschner, Julian Göthe, Ulrike Müller, Toni Schmale, Stefanie Seibold, David Zeller) rücken zunehmend in den Vordergrund. All das geschieht im Bewusstsein der feministischen Wurzeln von queer und dem emanzipatorischen Potenzial, das es beinhaltet.

Einblick_xhibit_Tremmel-Mueller
Einblick in die Ausstellung "Rosa Arbeit auf goldender Straße" mit einer Arbeit im Vordergrund von Hans Scheirl
Foto: Lisa Rastl

In der Auseinandersetzung mit diesem Themenfeld werden auch geo- und gesellschaftspolitische Unterschiede deutlich, die nicht in einer einfachen Ost/West-Dichotomie aufl ösbar sind, sondern disparat bleiben, selbst auf innerstaatlicher Ebene. Während
beispielsweise in einer modernen Stadt wie Tel Aviv ein gesell- schaftspolitischer Rahmen für ein auch öffentlich sichtbares Leben
jenseits der heterosexuellen Norm besteht, ist die Situation in einer konservativen, ultra-religiösen Stadt wie Jerusalem eine gänzlich
andere. Auch innerhalb Österreichs hält ein Vergleich der Bundes-länder Wien und Vorarlberg schon aufgrund der unterschiedlichen
gesetzlichen Lage nicht stand.

Blau_Mueller
Ulrike Müller, Blau (mit einem Foto von Sherif Sonbol), Inkjet und Papier Collé auf Papier, 2011

Einen zentralen Aspekt von Rosa Arbeit auf goldener Straße bilden künstlerische Denk- und Darstellungsformen, die eine Blickver-schiebung oder gar historische Neuverortung und -bewertung vornehmen (Anna Daucikova, Karol Radziszewski, Justine Frank, Roee Rosen, Tejal Shah). Kunstschaffende aus postsozialistischen Ländern zeigen ein eher unbekanntes Bild eines "queeren Ostens": Nach wie vor dominiert von diesen Ländern die Vorstellung, keine sichtbare queere bzw. nur eine durch die öffentliche Rezeption skandalisierte Kunstproduktion vorweisen zu können. Diese Werke sind in andauernden Dialog zu den anderen Beiträgen positioniert und
feiern im Zusammenspiel den sexuellen Pluralismus in ganz unterschiedlichen Ausformulierungen. Die Räume jenseits sexueller, religiöser, gesellschaftlicher, kultureller und politischer Dogmen gilt es temporär zu besetzen, das Arrangement des Vorhandenen inhaltlich und formal zu erweitern.

Einblick_xhibit_Scheirl
Einblick in die Ausstellung "Rosa Arbeit auf goldender Straße" mit Arbeiten im Vordergrund von Viktoria Tremmel, im Hintergrund von Ulrike Müller
Foto: Lisa Rastl

Mit der eigens für die Ausstellung realisierten Installation von Hans Scheirl zelebrieren wir den Genre überschreitenden
"Transgender-Cyberlesben-Horror-Comix" Dandy Dust (1998) als zentralen Film des "queeren Kinos", dem bis heute ein Allein-stellungsmerkmal gewiss ist. Die ins Zentrum gerückte Installation entstand unter direkter Bezugnahme auf den Film mit der Integration von Teilen des Storyboards und Originalrequisiten/Props. Dandy Dust lässt simple dualistische Zuschreibungen - Mann/Frau, hetero-sexuell/homosexuell, innen/außen, mikro/makro - weit hinter sich und präsentiert ein reichhaltiges Panorama an fluiden Rollenmustern und synästhetischen Ausdrucksformen.

Spiderboy_Scheirl
Hans Scheirl, Svar Simpson als Spider-cuntboy, Still aus dem Film Dandy Dust, 94 min,
1998, © Dandy Dust Productions

Ergänzend zur Ausstellung wird das Konferenzprojekt Dildo, Anus, Macht: Queere Abstraktion , das aus Vorträgen und Workshops internationaler Teilnehmer_innen besteht und von Ruby Sircar und Hans Scheirl konzipiert wurde, zum Themenschwerpunkt Queerness als Arbeits- und Lebensalltag Fragen zu Geschlechterverhältnissen und -differenzen, sowie post-pornografischen und post-kolonialen Inhalten vor dem Hintergrund materieller und künstlerischer Notwendigkeiten verhandeln.
Programm: www.akbild.ac.at/queereabstraktion

Im Rahmen der Viennale werden anlässlich des 70. Geburtstags von Rosa von Praunheim mehrere Kurzfilme am 5.11. in Anwesenheit des Künstlers gezeigt. Weitere Informationen unter: www.viennale.at