"Schleppen", schleusen, helfen. Flucht zwischen Rettung und Ausbeutung
Eine Veranstaltung im Rahmen des gleichnamigen Symposiums, das mit Unterstützung der Akademie der bildenden Künste Wien vom 13. – 15.10.2014 im Gartenbaukino stattfindet.
Grundkonzept und wissenschaftliche Gesamtkoordination: Gabriele Anderl
Organisationsteam: Gabriele Anderl, Simon Usaty
Im Rahmen der Fluchtbewegungen der Jahre 1933 - 1945 fanden illegale Grenzübertritte wesentlich häufiger statt als allgemein angenommen. Obwohl sich diese vielfach als lebensrettend erwiesen, wurden die Helferinnen und Helfer oft in undifferenzierter Weise kriminalisiert, auch wenn nur ein Teil von ihnen primär aus finanziellem Interesse bzw. in ausbeuterischer Absicht handelte. Auch in den Nachkriegsjahrzehnten war Fluchthilfe von großer Bedeutung. Heute ist das Thema angesichts der immer rigoroseren Abwehrmaßnahmen, mit denen die "Festung Europa" gesichert werden soll, aktueller und brisanter denn je.
Das Symposium wird sich mit den unterschiedlichen Formen, Phasen und Motiven der organisierten und individuellen Fluchthilfe / "Schlepperei" seit den 1930er Jahren befassen und auch die restriktive Aufnahmepolitik der potentiellen Zufluchtsländer als wesentliche Ursache für das Phänomen ins Blickfeld rücken.
Eine Kooperation der Österreichischen Gesellschaft für Exilforschung (öge) mit: Afro-Asiatisches Institut Wien, Akademie der bildenden Künste Wien, asylkoordination österreich, borderline europe - Menschenrechte ohne Grenzen e.V. Berlin, Centrum für Jüdische Studien / Karl-Franzens-Universität Graz, CLIO Verein für Geschichts- und Bildungsarbeit (Graz), Forschungsgruppe [KriMi] Kritische Migrationsforschung, Institut für Politikwissenschaft der Universität Wien, Institut für Publizistik- und Kommunikationswissenschaft der Universität Wien, Institut für Soziologie der Universität Wien, Institut für Staatswissenschaft der Universität Wien, Institut für Zeitgeschichte der Universität Innsbruck, Institut für Zeitgeschichte der Universität Wien, Jüdisches Museum Hohenems, Montafoner Museen, Paul Grüninger Stiftung (St. Gallen / Schweiz)
PROGRAMM
14.10.2014
Atelierhaus der Akademie der bildenden Künste Wien, Prospekthof
9.00 - 10.00 h
Begrüßung : Eva Blimlinger
Fluchthilfe während der NS-Zeit, Teil 1: Hintergründe, Länderbeispiele Moderation: Konstantin Kaiser (Wien)
Wolfgang Schellenbacher (Prag): Österreichische Flüchtlinge in der Tschechoslowakei 1934 - 1939. Flucht - Hilfe - Abschiebung
Philipp Mettauer (Wien / St. Pölten): Viele Wege führen nach Buenos Aires. Die Rolle der Fluchthelfer und Fluchthelferinnen für österreichische Jüdinnen und Juden
10.00 - 11.30 h
Fluchthilfe während der NS-Zeit, Teil 2: Schwerpunkte: Jugoslawien, illegale Schiffstransporte nach Palästina
Moderation: Konstantin Kaiser (Wien)
Heimo Halbrainer (Graz): "Der illegale Transport über die Grenze war eben kein Ausflug, keine Fernreise." Die Tätigkeit des "Judenschleppers" Josef Schleich an der Grenze zu Jugoslawien
Victoria Kumar (Graz): "Kampf an vier Fronten": Die "Alija-Beth"-Arbeit der österreichischen "revisionistischen" Zionisten in den 1930er Jahren
Gabriele Anderl (Wien): Fluchthelferinnen und Fluchthelfer während der NS-Zeit in der Wahrnehmung der Flüchtlinge
bis 12.30 h
Mittagspause
12.30 - 13.30 h
Fluchthilfe während der NS-Zeit, Teil 3: Schwerpunkt Italien
Moderation: Christina Köstner-Pemsel (Scheibbs / Wien)
Paolo Veziano (Isolabona, Italien): "Un afflusso incontrollabile". Ebrei stranieri alla frontiera italo-francese 1938 - 1940 ("Ein unkontrollierbarer Zustrom". Jüdische Flüchtlinge an der italienisch-französischen Grenze 1938 - 1940)
Klaus Voigt (Berlin): Die Kinder der Villa Emma. Ihre Flucht über die Grenzen
13.30 - 15.00 h
Fluchthilfe während der NS-Zeit, Teil 4: Schwerpunkt Grenze Vorarlberg - Schweiz
Moderation: Stefan Keller (Zürich)
Edith Hessenberger (Telfs): Flucht über das Gebirge. Der "Passeur" Meinrad Juen und das Schlepperwesen im Montafon 1938 - 1945
Michael Kasper (Telfs): Geschichten von geglückter und gescheiterter Flucht an der Gebirgsgrenze zwischen Vorarlberg und Graubünden
Alfons Dür (Buchs, Schweiz): Endstation Vorarlberg
Friedrich Stepanek (Innsbruck): "Löwe war der Deckname vom Spanienmann". Vorarlberg und Tirol als Drehscheiben des Transits von Freiwilligen für den Spanischen Bürgerkrieg
15.15 - 16.45 h
Fluchthilfe im außereuropäischen Bereich
Moderation: Christoph Reinprecht (Wien)
Stefanie Kron (Wien): Vom Coyote zum Migrant Smuggler. Narrative und soziale Praktiken der Migrationshilfe in den Amerikas
Ines Kohl (Wien): Tuareg: Akteure des Transports durch die Sahara
Xavier R. Goffinet (Queensland, Australien): Indonesia's Criminal Justice Response to Smuggling of Migrants
17.15 - 19.00 h
Podiumsdiskussion mit Impulsreferaten: die Rehabilitation von Fluchthelfern und Fluchthelferinnen und deren Platz in der Gedenkkultur
Moderation: Susanne Scholl (Wien)
Impulsreferat Giorgia Sogos (Bonn): Varian Fry: "Der Engel von Marseille". Von der Legalität in die Illegalität und zur Rehabilitierung
Impulsreferat Stefan Keller (Zürich): Paul Grüninger
Impulsreferat Clemens Villinger (Berlin): Die Musealisierung von Fluchthilfe am Beispiel der Sonderausstellung "Risiko Freiheit - Fluchthilfe für DDR-Bürger 1961 - 1989"
Podiumsdiskussion mit Giorgia Sogos, Stefan Keller, Clemens Villinger und Ernst Löschner (von Alpine Peace Crossing, Krimml)
Programm: 13. + 15.10.2014, Gartenbaukino, Parkring 12, 1010 Wien