Geschichtsbilder der Gegenwart | Reflexivität und Nachträglichkeit in der zeitgenössischen Kunst
ÖAW | APART
Eva Kernbauer, Institut für Kunst- und Kulturwissenschaften
Projektlaufzeit: 1.4.2011 – 30.12.2012
Seit den frühen 1990er Jahren hat das Interesse an der Darstellung von Ereignissen der politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Geschichte in der bildenden Kunst entgegen jeglicher Diagnosen vom "Vergessen und Auflösen der Geschichte" eine deutliche Steigerung erfahren. Besonders in den "Geschichtsmedien" Film und Video sind Auseinandersetzungen mit historischen Ereignissen, ihrer Vermittlung und Verarbeitung zahlreich und erfahren kritische Anerkennung.
Der Zusammenhang von Visualität und Geschichte ist zu einem echten Leitproblem der bildenden Kunst geworden, in denen grundlegende kunst- und bildwissenschaftliche Fragestellungen zur Aussagekraft und Wirkung von Bildern berührt werden. Die Auseinandersetzung mit Geschichte in der bildenden Kunst kann dabei als Metapher für repräsentationskritische Fragestellungen ebenso verstanden werden wie als Metapher für die Geschichtlichkeit der Bilder oder die Bildlichkeit der Geschichte selbst. Dass ein solcher Chiasmus über den Wert eines bloßen Aphorismus hinausgeht, belegen nicht nur gängige Diagnosen zur Spektakularisierung der Gesellschaft, sondern auch jüngste Untersuchungen zur Bildpolitik der Gegenwart. Entgegen einer Ontologisierung sozialer Zuschreibungseffekte sind Analysen derjenigen spezifischen Techniken und Praktiken notwendig, mit denen Bildern erst Bedeutung verliehen wird.
Das Projekt greift an eben diesem Punkt in die Diskussion ein, indem es die Frage stellt, wie medienkritische und -reflexive Ansätze mit dem Wunsch nach der Positionierung neuer, "alternativer" Geschichtserzählungen in Zusammenhang gebracht werden können und inwieweit bildende Kunst denn eine besondere kritische Kompetenz im Umgang mit Bildmedien in Anspruch nehmen kann. Damit ist eine Umwertung verbunden, die künstlerische Praktiken nicht mehr in avantgardistischem Vorsprung oder in kritischer Distanz zur Gesellschaft positioniert, sondern innerhalb ihrer geschichtlichen Bedingtheit und Nachträglichkeit versteht.