Philosophie der Kunst
Vortrag von Prof. Dr. Marcus Steinweg im Rahmen der Ringvorlesung des IBK WiSe 2019/2020 auf Einladung des Fachbereichs Grafik und druckgrafische Techniken.
Weder allein die der Welt zugekehrte noch die ihr abgewandte Seite sind das Spannende am Kunstwerk, sondern die Spannung, die es zu zerreißen droht, indem es mit gleicher Aufmerksamkeit in beide Richtungen blickt. Was ihm nicht gelingt!
Ohne Fantasie keine Philosophie, keine Kunst, keine Politik. Immer richtet sie sich gegen die Rede von der Alternativlosigkeit. Zwingend verpflichtet sie sich der Kontingenz (dem Zufall). Wer Fantasie aufbringt, beginnt die Realitäten aufzulösen, ihre Diktate und Tatsachen, Stereotypen und Doktrinen. Indem sie dem Etablierten opponiert, widersetzt sich die Fantasie der Wirklichkeit. Nicht um ihre Faktizität zu bestreiten, sondern um ihre Legitimität und Notwendigkeit infrage zu stellen. Es gibt kein künstlerisches Denken, das sich der Fantasie entschlagen könnte, solange Denken heißt, ins Unbekannte zu gehen. Nur ist dieser Gang kein Schritt ins bessere Jenseits. Er wird durch keinerlei Utopie gestützt. Auch nicht durch irgendeine Moral. Er muss im Hier-und-Jetzt einer nicht durchdeterminierten Welt gewagt werden, indem er die Narrative prüft, die sie stabilisieren.