In & Out: Eine Kritik an der Ausgrenzung von Studierenden aus Drittstaaten
Stellungnahme des Vizerektors Andreas Spiegl im Kontext des Migrant_innenstreiktags am 1.3.2011
An der Akademie der bildenden Künste Wien studieren 1.309 Student_innen, die aus 58 verschiedenen Herkunftsländern kommen. 27 % unserer Studierenden sind EU-Bürger_innen und knapp10% kommen aus so genannten Drittstaaten, also aus Ländern außerhalb der EU. So hoch das Interesse der Akademie daran ist, sich als international attraktive Kunstuniversität zu positionieren, so hoch ist der Anteil von Studierenden, die zu 37% nicht aus Österreich kommen. Und so nachdrücklich der politische und gesetzliche Auftrag für die Universitäten lautet, sich auch im Sinne des Staates international zu profilieren und wahrgenommen zu werden, so widersprüchlich verhalten sich dazu die Fremdenrechtsbestimmungen, die zunehmend jede Form von wissenschaftlicher und künstlerischer Lehre und Forschung über die Grenzen hinweg erschweren und torpedieren.
Jenseits bildungspolitischer und damit gesellschaftspolitischer Interessen orientieren sich die Fremdenrechtsbestimmungen und deren weitere und geplante Verschärfungen an strukturellen Ausgrenzungsmechanismen. Die Bedingungen in diesem Lande studieren zu können, werden immer schwieriger und skizzieren einen Horizont, der europäische Universitäten nur mehr für Europäer_innen vorsieht.
Wer nicht aus Österreich oder aus der EU kommt, kann hier kaum mehr studieren - es sei denn, man erfüllt primär ökonomische Kriterien, deren Auflagen aber kaum mehr erfüllt werden können. Und wer es dennoch schafft, diese zu erfüllen, ist dann mit aufwendigen und so umständlichen Visumsbestimmungen konfrontiert, die so lange dauern, dass sich der tatsächliche Studienbeginn nach der positiv absolvierten Zulassungsprüfung im Regelfall gleich um ein Semester verzögert und das Studium unnötig erschwert.
Mit diesem Prinzip, das Studium nur mehr wohlhabenden Student_innen aus nicht EU-Ländern zu ermöglichen, wird die Bildungslandschaft radikal verändern und in ihrer Komplexität und Qualität gefährden. Das Ergebnis ist dann eine Zweiklassengesellschaft aus EU-Bürger_innen und reichen Studierenden aus Drittstaaten. Was damit verloren geht, ist nicht nur ein Wissens- und Kunstbegriff, der die verschiedenen kulturellen und gesellschaftlichen Bedingungen und damit die Gesellschaft als Ganze betrifft, sondern auch eine Qualität und Komplexität des Wissens, das gerade auf dieser Diversität basiert und sich nur aus dieser entwickeln kann. Damit wird dem gesellschaftlichen Anspruch auf eine transnationale Dimension von Wissen und Kunst realpolitisch ein nationalstaatliches und diskriminierendes Konzept entgegen gestellt, das die Entwicklung der Lehre und Forschung in diesem Land und in der EU nachhaltig gefährdet.
In diesem Sinne unterstützt die Akademie der bildenden Künste Wien die Forderungen und Aktivitäten, die im Kontext des Migrant_innenstreiktags und im Sinne der Kritik an den geplanten Verschärfungen fremdenrechtlicher Bestimmungen erhoben und unternommen werden.
Andreas Spiegl
Vizerektor für Lehre und Forschung