Axel Jonsson
Im Gespräch mit Barbara Pflanzner, Studio im Creative Cluster, 25. April 2023
Du malst hauptsächlich Porträts und Personen in szenischen Umgebungen. Wie findest du diese Figuren und Motive?
Porträts würde ich sie vielleicht nicht nennen. Ich sehe meine Arbeiten eher als Szenen, in denen Menschen vorkommen. Die einzelnen Bilder sind dabei nicht Teil einer Serie. Ich habe auch keine bestimmten Vorlagen zu Themen, die ich bearbeiten möchte. Jedes Bild beruht auf seiner eigenen Idee und hat seinen eigenen Hintergrund. Die Motive finde ich ziemlich spontan, wobei es schon ein paar Hintergründe oder Dinge gibt, die mich inspirieren. Ich arbeite gerne mit Erlebnissen und Erfahrungen aus meinem eigenen Leben oder male Sachen, die mich interessieren, etwa aus Literatur, Geschichte oder Mythologie, manches ist aber einfach von mir erfunden. Ich versuche, in den Motiven eine gewisse Spannung, eine gewisse Atmosphäre herzustellen.
Ich habe immer das Gefühl, die Szenen erzählen eine Geschichte oder sind in eine größere Erzählung eingebunden, vielleicht auch durch die Verwendung eines Titels. Würdest du den Aspekt des Storytellings unterstreichen oder ist er nicht so relevant für dich?
Das ist von Bild zu Bild unterschiedlich. Die narrative Ebene der Bilder und dass sie sozusagen eine Geschichte erzählen, ist in manchen Bildern nicht wirklich wichtig für mich, in manchen wiederum sinnvoll. Die Referenz für das Bild Tove By The Sea ist etwa der Roman Abhängigkeit von der dänischen Schriftstellerin Tove Ditlevsen. Beim Lesen habe ich den dargestellten Augenblick vor Augen gehabt. In diesem Fall hat der Titel des Bildes also schon etwas mit dem Roman zu tun und es ist dann natürlich eine Sache, die ich erzählen kann, wenn ich das Bild herzeige. In anderen Bildern ist es aber nicht zwangsläufig so und es kann ganz anders entstanden sein. Das heißt, es ist eigentlich nicht wirklich wichtig für mich. Das Wichtige ist vielmehr, dass das Bild gut wird.
Bei deinen dargestellten Figuren ist auffallend, dass sie nicht zwangsläufig idealisiert dargestellt sind. Sie haben vielmehr durchwegs sehr ausgeprägte körperliche Merkmale, wie etwa Features im Gesicht, Hände, Füße oder das Hinterteil. Hast du ein bestimmtes Interesse an menschlicher Physiognomie?
Ich glaube das Interesse am Menschen und der menschlichen Erfahrung, ist schon ein Hauptthema meiner Arbeit. Mich haben immer schon Bilder von Künstlerinnen und Künstlern aus der Kunstgeschichte interessiert, die sich damit beschäftigt haben wie beispielsweise Francisco de Goya und El Greco, aber auch zeitgenössische Künstler wie Francis Bacon oder Lucian Freud. Als Teenager und junger Erwachsener habe ich viele alternative Comics gelesen, wo der Stil der Illustration eine große Rolle spielt. Etwa von Robert Crumb, um ein sehr offensichtliches Beispiel zu nennen. Bei seinen Illustrationen geht es auch immer um das ein bisschen Übertriebene, das ich sehr mag. Und ich mag das Aufeinanderstoßen von übertrieben oder extrem mit locker und ruhig. Beispielsweise das Übertriebene in einer Szene, die an sich eigentlich nicht sehr auffällig ist. Das ist das, was ich davor mit Spannung meinte.
Diese Spannung entsteht auch durch die fast naive Bildsprache.
Während der Ausbildung an der Akademie habe ich unterschiedliche Stile ausprobiert und habe wie alle Kunststudierenden versucht einen eigenen Stil zu entwickeln. Erst habe ich probiert, von Fotos abzumalen. Das hat für mich aber nicht gepasst. Die Art zu malen, wie ich jetzt male, hat den Grund, dass ich keine Vorlagen verwende. Alles, sowohl die Komposition als auch die Figuren, male ich aus dem Kopf heraus. Eventuell verwende ich eine Zeichnung als Vorlage, aber dann ist diese Zeichnung aus dem Kopf heraus entstanden. Und da ich schon eher dilettantisch bin – ich habe ja keine klassische technische, handwerkliche Schulung, weil das an der Akademie nicht wirklich unterrichtet wird – ist dieser naive Stil entstanden. Ich finde, man sieht das sowohl in den Figuren als auch in der Komposition, wo die Perspektive nicht immer ganz stimmt.
Die Figuren scheinen immer recht in sich gekehrt. Sie wirken androgyn und es hat fast den Anschein, einige Figuren kommen mehrmals vor, stimmt dieser Eindruck?
Sie sind etwas stoisch und steif, unrealistisch. Dass sie androgyn sind, ist nicht wirklich so von mir intendiert, aber ich habe auch nicht aktiv dagegen gearbeitet. Ich arbeite sehr intuitiv, was daran liegt, dass ich so dilettantisch bin. Ich kann nicht – oder nur ein bisschen – kontrollieren, wie ein Gesicht aussehen wird, beispielsweise ob die Figur böse ist. Natürlich merke ich beim Malen, was für ein Gesichtsausdruck sich formt und das kann ich auch versuchen zu steuern. Aber mir ist diese intuitive Seite des Malens wichtig und, dass ich das Bild sich formen lasse.
Weil hier im Studio auch einige kleinformatigere Arbeiten stehen, auf denen zumeist nur eine Person allein dargestellt ist: Sind das Vorstudien zu deinen großformatigen Arbeiten oder eigenständige Arbeiten? Machst du hier einen Unterschied?
Auf den großen Bildern liegt eher das Hauptaugenmerk, sie bekommen mehr Aufmerksamkeit. Ihnen liegt auch eine deutliche Idee zu Grunde, das heißt, ich weiß schon vorher, was für ein Motiv ich malen will. Ich fange mit Skizzen an, zeichne oft mehrere Blätter und verwende diese dann als Vorlagen für die Malerei. Ich finde, sie scheinen aus erwähnten Gründen oft sehr kontrolliert. Sie erfordern auch sehr viel meiner Konzentration und bieten nicht so viel Raum für Experimente oder Spaß. Deshalb sind die kleinen – und manchmal auch die Mittelformate – jene Bilder, bei denen ich intuitiver arbeite und mehr Formexperimente mache, mehr Risiken beim Malen eingehe und auch Dinge ausprobiere, die scheitern könnten. Diese Arbeiten fange ich nicht immer, aber meistens ohne Vorlage aus dem Kopf heraus an. Manchmal gibt es bereits eine Idee, manchmal formt sich das direkt auf der Leinwand. Bei den ganz kleinen Arbeiten kann ich mir eine andere Spontanität und eine andere Freiheit erlauben. Für mich ist das sehr wichtig, weil ich finde, dass sie unterschiedliche Energien haben. Ich möchte nicht, dass alle meine Bilder so detailliert und penibel gemalt sind. Ich möchte auch Bilder machen, die ein bisschen einfacher sind. Ich kann auch nicht den ganzen Tag so malen, das langweilt mich zu sehr. Meistens male ich an den großformatigen Arbeiten am Vormittag und am Nachmittag male ich ein bisschen etwas Freieres.
Aufs Studio-Programm bezogen: Wie ist es dir bisher ergangen, was hast du gemacht?
Sehr gut, würde ich sagen. Ich habe mich so gefreut über ein gutes Atelier, weil ich eines hatte, das nicht der beste Arbeitsort war. Und dann hatte ich drei, vier Monate keines und habe zu Hause im Wohnzimmer gemalt. Als ich hier eingezogen bin, hatte ich wirklich große Lust einfach anzufangen, eine produktive Phase einzugehen. Ich habe sehr viel gemalt und werde das Studio noch bis zum Ende des Programms gut nutzen. So wie es jetzt aussieht, geht es dann leider erst einmal zurück ins Wohnzimmer.
Hast du in der kommenden Zeit Ausstellungen geplant oder steht ein Projekt an?
Aktuell nicht wirklich. Die Einzelausstellung bei der Galerie Elisabeth & Klaus Thoman von Dezember 2022-Februar 2023 in Innsbruck war ein großes Projekt und die nächsten Ausstellungen bei ihnen werden kommen, sind aber noch nicht fixiert. Aktuell sehe ich mich zudem um eine Galerievertretung in Schweden um, wo ich ja herkomme. Natürlich bewerbe ich mich hier und da für Residencies und Ausstellungen, aber konkret ist jetzt eigentlich noch nichts geplant.