Oliver Rathkolb: Baldur von Schirach: ,Die Pompadour von Wien‘. Nationalsozialistische (Un-)Kulturpolitik in Wien
Vortrag von Oliver Rathkolb, Professor für Neuere Geschichte mit besonderer Berücksichtigung der Zeitgeschichte am Institut für Zeitgeschichte der Universität Wien.
Begrüßung: Johan F. Hartle, Rektor der Akademie der bildenden Künste Wien.
Nach einer Begrüßung von Rektor Johan F. Hartle hält der Historiker Oliver Rathkolb einen Vortrag über Baldur von Schirach, Reichsleiter und Gauleiter von Wien, und dessen Rolle in der nationalsozialistischen Kulturpolitik. Der Vortrag findet als erster öffentlicher Beitrag einer wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit dem Umgang der Akademie der bildenden Künste Wien mit ihrer Vergangenheit statt, die in aktuellen Ab- und Zuerkennungen von Ehrenmitgliedschaften der Akademie ihren Anfang genommen hat.
Der ehemalige Reichsjugendführer Adolf Hitlers, Baldur von Schirach, hatte als Reichsleiter und Gauleiter von Wien auf perfide Art und Weise seine Terror-Politik gegen Juden und Jüdinnen, „Asoziale“ sowie Wiener Tschech_innen hinter einem Feuerwerk an geförderter Kunst- und Kulturpolitik versteckt, die scheinbar auch in Fragen der Gegenwartskunst dem NS-Mainstream widersprach.
Hinter der Metapher „Wiener Kultur“ ließ er geschickt die Kulturgroßmachtvorstellung vieler Wiener_innen wiederaufleben, und hat damit die Akzeptanz des Nationalsozialismus bis Kriegsende verstärkt. Auch nach 1945 hielt sich der Mythos Schirachs als „Schutzherr“ der Wiener Kulturszene gegen alle Fakten.
In diesem Vortrag wird Schirachs scheinbarer Kulturliberalismus vor dem Hintergrund der realen nationalsozialistischen Unterdrückungs- und Verfolgungspolitik kritisch hinterfragt und sein Beitrag zur kulturellen Opferdoktrin der II. Republik thematisiert.
Anschließend Diskussion und Get together.