Die Rückkehr der alten Geister
Eine Ausstellung des Instituts für das künstlerische Lehramt in Zusammenarbeit mit der Gemäldegalerie und dem Kupferstichkabinett der Akademie
Öffnungszeiten: Di – So 10.00 – 18.00 Uhr
Geschlossen am 01.11.2011
Eröffnung | Dienstag, 4. Oktober 2011, 19.00 Uhr
Begrüßung und Einleitung | Eva Blimlinger, Rektorin Akademie (ab Okt. 2011) und Marion von Osten, Professorin für Kunst und Kommunikation
Film | "Soshana" von Cana Bilir-Meier und Julian Paul Stockinger, 20.00 h, Raum M 13
Projektleitung | Marion von Osten
Koordination | Miriam Kathrein, Nathalie Koger und Claudia Lomoschitz
Künstler_innen | Cana Bilir-Meier, Karl Doppler, Tobias Dörler, Rubina Hämmerle, Julia Hay, Heike Jooß, Nathalie Koger, Claudia Lomoschitz, Katharina Luksch, Karoline Maisch, Florian Mayr, Natascha Muhic, Jaime Nagl, Małgorzata Oliwa, Isabella Pessl, Martin Schwarzinger, Soshana, Rainer Spangl, Julian Paul Stockinger
Symposion | 27 - 29. Oktober 2011 im
Filmarchiv Austria
, Studiokino, Obere Augartenstraße 1 e, 1020 Wien
Mit dem Ausstellungstitel "Rückkehr der alten Meister" eröffnete die Akademie der bildenden Künste Wien die Gemäldegalerie im Herbst 2010 nach langer Konzeptions- und Umbauphase wieder. Das im Rahmen eines einjährigen Projektes im Studienbereich Kunst und Kommunikation am Institut für das künstlerische Lehramt und in Kooperation mit der Gemäldegalerie und dem Kupferstichkabinett entstandene Ausstellungsprojekt mit dem Titel "Die Rückkehr der alten Geister" im xhibit nimmt Bezug darauf und beschäftigt sich mit der Frage, in welchem Verhältnis die (Lehr-)Sammlungen der Akademie zur Geschichte und Gegenwart einer aktuellen Kunstausbildung stehen. Welches Wissen, welcher Blick, welches Künstler_innensubjekt wird durch die vorhandenen Archive (re)produziert? Wie können sich junge Künstler_innen, die durch die Institution geprägt sind, in diesen institutionellen Rahmen einschreiben, ohne den nationalzentrierten Kontext anzunehmen? Für das von Studierenden des Bereichs Kunst und Kommunikation mit Studierenden und Absolvent_innen des Instituts für Bildende Kunst konzipierte Ausstellungsprojekt wurden grafische, fotografische und filmische Arbeiten entwickelt, ein Display geschaffen und ein kuratorisches Konzept erarbeitet.
Vorträge und filmische Beiträge vertiefen und erweitern die durch die Arbeiten im xhibit aufgeworfenen Fragen in einem entsprechend konzipierten Symposion. An zwei Abenden und einem Vormittag diskutieren Theoretiker_innen, Aktivist_innen, Wissenschafter_innen, Künstler_innen und Filmemacher_innen deren Relevanz und Aktualität im Hinblick auf die Ansprüche an die universitäre Ausbildung von Künstler_innen an der Akademie der bildenden Künste Wien.
Als Ausgangspunkt dient dabei die Selbstinszenierung der Akademie zwischen Sammlungstradition und Lehre, zwei Bereichen, die in der Geschichte dieser Institution untrennbar miteinander verknüpft sind. Als (historischer) Ort, an dem Künstler_innen produzieren, deren Werke archiviert und die Tradition des Kopierens über Jahrhunderte aufrecht erhalten wurde, trug sie wesentlich dazu bei, hegemoniale Blickmuster sowie das Image des romantischen Künstlerbildes zu prägen. Wie stark diese Muster bis heute sind, zeigte sich am Ausstellungsplakat zur Wiedereröffnung der Gemäldegalerie: das dafür verwendete Gemälde nimmt klar Bezug auf den virtuosen Künstler, der sich für den Kunstmarkt in Szene setzt und zugleich nicht nur seinen Studenten Kopiervorlagen liefert, sondern auch das Bild-Vokabular des hegemonialen Kunstdiskurses festigt. Diesen Diskurs mit seinen post-kolonialen, national-repräsentativen und eurozentrischen Implikationen aufzuzeigen und in Frage zu stellen, ist das zentrale Anliegen dieses Projekts.
Tobias Dörler, Julia Hay, Claudia Lomoschitz, Florian Mayr, Natascha Muhic und Rainer Spangl greifen als Raumgruppe in die Architektur des Ausstellungsraumes xhibit ein; durch die Installation werden die von der Institution gesetzten Ausstellungsstrukturen sichtbar gemacht und die Frage nach einem Raum für Studierenden-Ausstellungen an der Akademie der bildenden Künste Wien eröffnet. Dabei entsteht eine eigenständige Raumskulptur, die Träger künstlerischer Arbeiten und des kuratorische Konzeptes ist.
Claudia Lomoschitz und Jaime Nagl untersuchen anhand partieller Abtragungen die historischen Wandschichten des Ausstellungsraumes. Die Verwendung unterschiedlicher Wandfarben ist den jeweiligen kuratorischen Entscheidungen unterworfen und verweist somit auf die Nutzung des Raumes, das ausgestellte Genre und den Zeitgeschmack. Die Farbschichten erzählen eine eigenständige Geschichte des Ausstellens.
Karl Doppler und Jaime Nagl bearbeiten Thematiken der Globalisierung. Musterbücher für Tapeten und Tapisserien aus dem Kupferstichkabinett der Akademie bilden die Grundlage der Auseinandersetzung mit einem transkulturellen, symbolischen Wertesystem, in das die Künstler mit neu entworfenen Tapetenmustern intervenieren. Sie werden zu Kommunikationsträgern eines kulturell vernetzten anti-kapitalistischen Widerstands.
Anhand von Thomas Enders "Brasilien-Aquarellen" aus dem Kupferstichkabinett der Akademie befragen Heike Jooß und Karoline Maisch akademische (Landschafts-) Malereien nach ihrem Beitrag zu nationaler Identitätsstiftung und eurozentrischen Blickkonstruktionen. Durch Dekontextualisierung und Montagetechnik werden die Codes für Exotik, Ferne und andere Kulturen sichtbar und austauschbar.
Katharina Luksch beschäftigt sich mit der Rezeptionsgeschichte eines heute in der Österreichischen Nationalbibliothek aufbewahrten prähispanischen, mixtekischen Manuskriptes, des Codex Vindobonensis Mexicanus I. Die künstlerische Auseinandersetzung produziert einen "neuen" Codex, der die wechselhafte Rezeptionsgeschichte und dessen Metanarrative von kultureller Evolution, Kolonialismus und Eurozentrismus visuell ablesbar macht.
Mit der aktuellen Studie zu "Die Rückkehr der alten Geister" führt Nathalie Koger ihre Untersuchung institutionalisierter Geschlechterrollen fort, die im Umfeld der Akademie der bildenden Künste Wien zu finden sind. Ausgangspunkt für diese Studie der Repräsentationen und Ordnungssysteme bilden die Bestände der Glyptothek und des Kupferstichkabinetts als Lehrmittelsammlung. Dort findet Koger in der mythologischen Figur der Amazone ein Tugendbild und eine Widerstandsfigur, die auf eine alternative Gesellschaftsordnung verweist. Durch die Hervorhebung der Amazone unterstreicht Koger den vorherrschenden Kanon der Repräsentationen weiblicher Ideale und Eigenschaften und versucht eine alternative und notwendige Präsenz sichtbar zu machen.
"Was ausgestellt wird" ist eine weitere Arbeit von Nathalie Koger, welche 2010 im Gustinus Ambrosi Museum in Wien gedreht wurde. Dabei konzipierte Koger eine Choreographie für die Hauptdarstellerin, eine Hula Hoop-Tänzerin. In der Auseinandersetzung mit dem Ausstellungsraum und der zweifelhaften NS-Vergangenheit Ambrosis entstand eine raum-beschreibende und raum-erfassende Performance, die eine Neuordnung des Ausstellungsraums und musealer Rhetoriken versucht. Situativ greift Koger in die Repräsentation starrer Rollenbilder ein und positioniert dem gegenüber den tanzenden Körper einer Betrachterin, der ganz und gar nicht dem üblichen Verhalten der Museumsbesucher_innen entspricht. Die Künstlerin fügt dadurch eine neue narrative Ebene in die Geschichte des Museums ein, die von Aneignung und Ermächtigung erzählt.
In einer Auseinandersetzung und Zusammenarbeit mit der Künstlerin Soshana (*1927, Wien) zeigen Cana Bilir-Meier, Malgorzata Oliwa, Isabella Pessl und Julian Paul Stockinger in der Ausstellung eine Neufassung ihrer Künstlerinnenbiografie. Als jüdisches Mädchen ins Exil geflüchtet, kehrte Soshana als junge Frau nach Wien zurück, wo sie auch an der Akademie der bildenden Künste Wien studierte; dennoch blieb die Künstlerin der Informel-Bewegung andauernde Reisende zwischen den Kontinenten und Kulturen. Mit ausgewählten Reisedokumenten, einem filmischen Reiseporträt sowie einigen Werken der Malerin wird sie als von männlichen Subjekten unabhängige Person präsentiert.
Der zugehörige Film Soshana wird im Rahmen des Symposions am 27.10.2011 ab 19.00 h im Studiokino des Filmarchivs Austria zu sehen sein.
Martin Schwarzinger thematisiert in seinen Videoarbeiten das Künstlersubjekt. In einer Reihe von Performances erprobt er sich selbst in unterschiedlichen Rollenbildern, so zum Beispiel als permanente und nie versiegende Quelle von Kreativität. In den Positionierungen verschwimmen zusehends die Erwartungshaltung der Betrachter_innen, die Abbildung und "Nachbildung" miteinander.
In dem Film Die Bildermächtigung von Rubina Hämmerle wird ein Geschehen beschrieben, das für die Zuschauer_innen nicht sichtbar ist. Die durch eine poetische Sprache erzeugten Bilder werden zu einem alogischen Geschehen montiert und erkunden die Grenzen von Repräsentation. Eine zweite Videoarbeit formuliert eine explizit subjektive Sicht auf relevante Diskurse der Ausstellung. In einer naiv-pubertären Sprache wird ein vorsätzliches Missverstehen und Pauschalisieren der Inhalte transportiert.
Symposion "Die Rückkehr der alten Geister"
von 27. bis 29. Oktober 2011
Als Rahmenprogramm zur Ausstellung findet von 27. bis 29. Oktober im Studiokino des
Filmarchivs Austria
, das als Kooperationspartner gewonnen werden konnte, ein begleitendes Symposium statt. Gemäß der Ausrichtung der Ausstellung werden die drei thematischen Schwerpunkte "Konstruktionsprozesse", "Stiftungsmacht des Politischen/Künstlerischen" und "Archive- und Sammlungspolitik" verhandelt. Im Rahmen der jeweiligen Panels und mittels Vorträgen, Filmbeispielen und Projektpräsentationen werden akademienahe Positionen mit entsprechenden externen künstlerischen Arbeiten in Dialog gesetzt. Studentische Werke werden dabei ebenso zur Diskussion stehen, wie aktuelle filmische Beiträge (z. B. Paul Poets Empire me) oder Schätze aus den Sammlungen des Filmarchivs (z. B. Kurt Steinwendners
Der Rabe).